070113 UE Guided Reading Wirtschafts- und Sozialgeschichte - Wirtschaften mit dem Überfluss (2023S)

Luxus ist heute als Begriff allgegenwärtig, sei es als Qualitätszuschreibung um fast beliebig Konsumgüter auszuzeichnen oder zum Ausdruck von Kritik für unmäßigen Überfluß und Verschwendung. In seiner historischen Dimension ist Luxus immer ein Thema gewesen; in den letzten 20 Jahren wurde er verstärkt im Zusammenhang mit den historischen Anfängen des Konsums in kultur-, sozial- und wirtschaftshistorischer Perspektive untersucht. Dabei wurde deutlich, dass Luxus im Lauf der frühen Neuzeit als Kategorie gesellschaftlicher Diskurse eine gegen Überfluß und Verschwendung gerichtete kritische Dimension beibehielt. Daneben entwickelte sich eine zunehmend positive Bewertung in Teilen der Politischen Ökonomie, also dem Nachdenken über die Zusammenhänge von Wirtschaft, Ökonomie. Während sich im 18. Jahrhundert diese positive Bewertung als wirtschaftspolitische Leitlinie etablieren konnte und die wirtschaftliche Praxis mitbestimmte, kam mit der Französischen Revolution erneut grundsätzliche Kritik auf, die sich gegen adelige Verschwndung richtete. Im 19. Jahrhundert setzen dann zusammen mit den industriell hergestellten Konsumgütern Entwicklungen ein, welche die gegenwärtigen Bedeutungen prägten. Die Regulierung des zulässigen Gebrauchs von Luxuswaren war seit dem Mittelalter ein wichtiges Element gesellschaftlicher Ordnung, das sich mit den sich wandelnden Bewertungen veränderte. Anhand ausgewählter Texte wird der historische Bedeutungswandel von "Luxus" als gesellschaftlichem Phänomen nachvollzogen und die Bedeutung von Luxusgütern in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung der frühen Neuzeit herausgearbeitet. Methodisch wird der Frage nachgegangen, wie eine eher abstrakte Kategorie wie "Luxus" wirtschaftliche, soziale und damit kulturelle Prozesse mitprägen und bis heute eine große Attraktivität aufrechterhalten kann.
Ziel des Guided Reading ist es, in die historische Praxis des Umgangs mit "Luxus" auf Basis von Texten mit unterschiedlichen Perspektiven, methodischen Zugängen, Quellengrundlagen und inhaltlichen Schwerpunkten einzuführen und die Fähigkeit zum kritischen Lesen und Hinterfragen einzuüben.