080019 PS Fallstudie II/III: "Kunst in der Revolution und Revolution in der Kunst" (2022W)

Die Situation nach den russischen Revolutionen von 1917 war historisch einzigartig: Der Bruch mit rigiden absolutistischen, autoritär-individualistischen Strukturen und kapitalistischen Marktbedingungen fand in der Kunst ebenso wie in der ganzen Gesellschaft statt. Die ersten Forderungen des Futurismus – die oft verwendete allgemeine Bezeichnung für die neue linke Kunst - fasste der Dichter Nikolaj Asseev wie folgt zusammen:
«1) Bestimmung des Materials in der Kunst 2) Trennung von den Interessen des Marktes
3) Behauptung des Monoliths des ’Wir’ im Gegenteil zu den Sandkörnchen der allermöglichen ’Ichs’». Die Revolution bewegte Künstler*innen, nach den neuen Definitionen der Kunst und nach Ihren gesellschaftlichen Aufgaben zu suchen.

Das Ziel des Seminars ist eine Art Einleitung in Diskussionen und Projekte der heterogenen und vielstimmigen linken Kunstavantgarde von 1917 bis 1937 (bis zur totalen Verfestigung der staatlichen Doktrin des Sozialistischen Realismus und dem Vertreiben des «Formalismus» und Konstruktivismus).

In der Erarbeitung der ausgewählten künstlerischen Publikationen, Werke und Projekte von diversen Gruppierungen gehen wir auf die Problemstellungen und Begriffe, die im Fokus der Diskussionen und Manifeste standen, ein und stellen sie vor. Wir lernen ihre theoretische, historische, institutionelle und mediale Spezifik kennen und suchen nach den Verbindungen und Bezügen zu der allgemeinen sozialpolitischen, ökonomischen und epistemischen Dynamik der Zeit.