Universität Wien
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080094 VO+UE M320 Kultur-Geschichte-Gesellschaft: Essen als Bekenntnis (2011S)

Details

max. 50 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Prüfungstermine

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Mittwoch 09.03. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 16.03. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 23.03. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 30.03. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 06.04. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 13.04. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 04.05. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 11.05. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 18.05. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 25.05. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Mittwoch 01.06. 11:00 - 12:30 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse
  • Samstag 25.06. 10:00 - 16:00 Seminarraum 1 (2.Stock, rechts) EE Hanuschgasse

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Was und wie Menschen essen, hat Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Gesundheit. Konfrontiert mit hoch und vielfältig belasteten Regalen zeigt ein erster Blick in den Supermarkt, daß die Auswahl an Lebensmitteln groß ist.
Die Vorlesung will der Frage nachgehen, welche Orientierungen in Fragen der Ernährung unsere Alltage bestimmen, wenn Essen für viele Menschen der westlichen Welt mehr als das bloße Stillen von Hunger bedeutet. Es bedeutet: Sie haben die Wahl. Und sie bekennen sich als Vegetarierinnen oder Fleischfresser, als Bio-Freaks und Körnerpicker, als Regional- und Regalpatrioten. Produkte sind mit der Nationalflagge ausgestattet und mit Heimatnachweisen bis hin zum bäuerlichen Produzenten gekennzeichnet. Auch französische oder italienische Käse stehen ausgeflaggt zur Wahl; englische oder gar deutsche Flaggen sieht man selten, obwohl große Produkt-Margen von dort stammen.
Der Buchtitel „We are what we eat“ läßt Interpretationen zu. Er markiert eine Verknüpfung mit „Identität“, Klasse oder Schicht, Geschlecht, Lebensalter, Religion und/oder ethnischer Zuordnung, aber auch dem „Life-Style“ als denkbaren Parameter für die Entscheidung über die Auswahl von Nahrungsmitteln.
Menschen diskutieren über ihre Ernährung, Tipps gibt es in jedem Journal. Die Gesellschaft macht explizit Anleihen in anderen Kulturen, in der Ayurveda Lebenswissenschaft, aber auch in den Küchen anderer Länder (italienische, japanische oder französische Küche). Für Senioren abgepacktes "health food" ist dabei, sich als Markt neben der Kindernahrung zu etablieren.
Wenn das alles so ist, dann wird in unserer Gesellschaft die Wahl der Ernährung zum Ausdrucksmittel für (vermeintlich individuelle) Identität, zum Bekenntnis. Und sie wird, durch mediale Diskurse gestützt, in Körperbilder eingebaut. Präferenzen und Tabus als deutliche und oft den Geschlechtern zugeordnete Haltungen („Fleisch ist mein Gemüse“) bestimmen unser Verhalten und machen es zu Ausdruck des Selbst, wie die neuen Bestseller von Karen Duve („Anständig essen“) und Jonathan Safran Foer („Tiere essen“) zeigen.

Essen in der sog. Wissensgesellschaft, hat seine Geschichte und seine Geschichten, die zu Deutungsgeschichten werden können: Österreich hat 113 „Genußlandschaften“. Genuß bekommt als nationalisierte Kategorie eine Moral zugedacht. Mit den Begriffen der Nachhaltigkeit, Regionalität, Umweltverträglichkeit (CO2-Fußabdruck u.a.), sozialer und kultureller Verantwortlichkeit (social responsibility) werden konsumierbare Werte konnotiert. Während die Entscheidung („billig und viel“) für die einen ökonomischen Zwängen folgen muß, wird die Entscheidung über die Inhalte des Konsums („was zu mir paßt“) für andere zum Bekenntnis.
Die Historizität unserer Fragen und die Historizität unsere Deutungsmuster bestimmt unser Wissen über das Essen und die Entscheidungen über ihre Auswahl. Die Vorlesung soll zu eigenen Beobachtungen und Recherchen anregen. (Würstelstand und Grillen als Männerdomäne?); Diskurse über Bio-Nahrung; Design und Ästhetik von Produktpräsentationen; Gelungene und mißlungene Kampagnen („Actimel“, Weinviertler Salami etc.).

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

schriftliche Klausur (Termine: 29.6.; 6.7.; 28.9.; 3.10.)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsstoff

Literatur

Günther Wiegelmann: Alltags- und Festspeisen. Marburg 1967.
Eva Barlösius: Soziologie des Essens. Eine sozial- und kulturwissenschaftliche Einführung in die Ernährungsforschung. Weinheim/München 1999.
Claus-Dieter Rath: Die Reste der Tafelrunde. Reinbek bei Hamburg 1984
Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und phylogenetische Untersuchungen. Frankfurt am Main 15.Aufl. 1990 (zuerst Bern 1938).
Ulrich Tolksdorf: Nahrungsforschung. In: Brednich, Rolf W. (Hg.): Grundriss der Volkskunde. Einführung in die Forschungsfelder der Europäischen Ethnologie, Berlin, 2. Auflage, 1994, S. 229-242
Konrad Köstlin: Die gemeinsame Mahlzeit als Ikone familiärer Kommunikation. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 53/2008, S.261-276

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

510, 550

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:31