Universität Wien
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080103 UE Übung: Stil, Modus, Masche. Kunstwissenschaftliche Grundbegriffe heute (2021S)

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

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Bringen Sie zur Vorbesprechung ggf. Begriffe mit, mit denen Sie Schwierigkeiten haben, bzw. die Sie gerne bearbeiten wollen (ggf. gerne auch in Zusammenhang mit Bachelor- oder Masterarbeiten und anderen Lehrveranstaltungen). Die endgültige Textauswahl folgt den Begriffen. Der Fokus soll dabei auf solchen liegen, welche, wie die Begriffe Wölfflins, Allgemeingültigkeit beanspruchen.

  • Samstag 20.03. 12:00 - 13:30 Seminarraum 2 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-20
  • Samstag 08.05. 11:00 - 17:00 Seminarraum 2 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-20
  • Samstag 15.05. 11:00 - 17:00 Seminarraum 2 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-20
  • Samstag 29.05. 11:00 - 17:00 Seminarraum 2 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-20
  • Samstag 05.06. 11:00 - 17:00 Seminarraum 2 d. Inst. f. Kunstgeschichte UniCampus Hof 9 3F-EG-20

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

« Die begriffliche Forschung in der Kunstwissenschaft hat mit der Tatsachenforschung nicht Schritt gehalten. Während die Kunstgeschichte nach ihrer stofflichen Grundlage durch die Arbeit der letzten Generation fast überall und von Grund aus eine neue geworden ist, haben die Begriffe, mit denen diese Tatsachen für die geschichtliche Erkenntnis verarbeitet werden sollen, sich weniger verändert. » (Heinrich Wölfflin, « Vorwort », Kunstgeschichtliche Grundbegriffe, 1915)

Wölfflins Aussage hat auch über 100 Jahre nach Erscheinen seines Textes wenig an ihrer Brisanz verloren. Im Gegenteil: Die meisten Kunstgeschichtler_innen und -wissenschaftler_innen scheinen das Projekt einer begrifflichen Forschung, wie sie Wölfflin in seinen Grundbegriffen skizziert hat, für höchst problematisch zu halten. Eine der Musikwissenschaft vergleichbare Unterteilung in systematische und historische Wissenschaft gibt es in Bezug auf bildende Kunst nicht. Aber auch wenn viele Kunsthistoriker_innen abstrakten Begriffen gegenüber skeptisch sind, weil diese womöglich den Blick auf feine Unterschiede verstellen könnten, wäre das Fach ohne allgemeine Prinzipien nicht denkbar, denn es würde in Einzelfallstudien zerfallen.
Tatsächlich haben bedeutende Kunsthistoriker_innen immer wieder versucht, allgemeine Begriffe zu bilden. Besonders erfolgreich war dabei die Unterscheidung von Stilepochen wie Gotik, Romanik oder Barock. Aber auch teilweise epochenübergreifende Klassifizierungen wie « Andachtsbild », « Allegorie » oder « Historienbild » haben sich durchgesetzt.
Aber bereits die (selbsterklärende) Unterscheidung zwischen Ereignisbild und Zustandsbild kann als weniger geläufig gelten. Die Abgrenzung von Modus und Stil (nach Poussin) durch Jan Bialostocki oder gar der Unterschied zwischen innerer Einheit und äußerer Einheit, den Alois Riegl einführt, um Werke, die den Betrachter*innen explizit einen Platz vor dem Bild zuweisen, von solchen zu unterscheiden, die eine innere Abgeschlossenheit suggerieren, ist vielen Kunsthistoriker*innen unbekannt. Auch Heinrich Wölfflins kunstgeschichtliche Grundbegriffe haben sich nicht durchgesetzt. Könnte das am Anspruch liegen, dass solche Begriffe historische Epochen sprengen, was bei den erfolgreicheren Begriffen nur bedingt gilt?
Wenn jedenfalls Immanuel Kant recht hat und die Anschauung ohne Begriff blind ist, werden viele Unterschiede erst vor dem Hintergrund einer begrifflichen Unterscheidung deutlich sichtbar. Ohne einen geschärften Sinn für Begriffe sind also u. U. nicht nur wichtige kunsttheoretische Texte schwer zugänglich, sondern es mag auch die Besonderheit vieler Werke nicht deutlich zutage treten. Entsprechend wollen wir uns in dieser Methodenübung an ausgewählten Beispielen dem « den Einzelfall übersteigende Verallgemeinerbaren » (Christian Janecke) widmen und dabei das Potential, aber auch die Grenzen einer Verallgemeinerung in der Kunstgeschichte und -theorie ausloten.
Nach einführenden Überlegungen zum Thema Begriff aus philosophischer und begriffsgeschichtlicher Perspektive, analysieren und diskutieren wir kunsthistorische und kunsttheoretische Texte, die auf Begriffsbildung abzielen. Die Studierenden lernen dabei, Texte auf Argumentationen und Begriffe hin zu lesen, diese kritisch zu reflektieren und weiter zu entwickeln. Das Lesen selbst wird ergänzt durch Werkanalysen, bei denen die Unterscheidungen erprobt werden.
Die Begriffsauswahl findet in der Vorbesprechung statt. Hier können die Studierenden Begriffe vorschlagen, mit denen sie sich gerne beschäftigen würden. Mögliche Beispiele (weitere Beispiele in der Vorbereitungssitzung – auch ausgehend von Interessen der Studierenden), finden Sie in der Literaturliste.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Aktive Teilnahme, Präsentation eines oder mehrerer Begriffe basierend auf ausgewählten Texten, Anwendung von Begriffen auf ausgewählte Kunstwerke

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Regelmässige Teilnahme, Präsentation und regelmässiges Verfassen der Analysetexte
Kriterien: Präzision der Analyse und Argumente

Prüfungsstoff

Literatur

N.B. Die endgültige Literaturauswahl folgt der Auswahl der Begriffe

Mögliche Begriffsbeispiele (weitere Beispiele in der Vorbereitungssitzung – auch ausgehend von Interessen der Studierenden):

Stil/Modus (Poussin, Bialostocki), natürliches Zeichen/künstliches Zeichen (Platon, G. E. Lessing), Raumkunst/Zeitkunst (G.E. Lessing), Fruchtbarer Moment (Shaftesbury/Lessing/Gombrich), Beschreibung/Erzählung (Svetlana Alpers, Georges Didi-Huberman, Jan Bialastocki), continuierend, distinguierend, completierend (Wickhoff/Weitzmann), Punctum/Studium (Roland Barthes), Index (C.S. Peirce, Rosalind Krauss), Innere Einheit/äußere Einheit bzw. Absorption/Teatricality (Alois Riegl, Michael Fried), Wimmelbildnerei (Christian Janecke)…

James A. Ackerman, « A Theory of Style », The Journal of Aesthetics and Art Criticism Vol. 20, No. 3 (Spring, 1962), S. 227-237
Jan Bialostocki, « Das Modusproblem in den bildenden Künsten: Zur Vorgeschichte und zum Nachleben des "Modusbriefes" von Nicolas Poussin », Zeitschrift für Kunstgeschichte, 24. Bd., H. 2 (1961), S. 128-141
Jan Białostocki, « Einfache Nachahmung der Natur oder symbolische Weltschau », Zeitschrift für Kunstgeschichte, 47. Bd., H. 4 (1984), S. 421-438
Margit Pernau: « Einführung: Neue Wege der Begriffsgeschichte », Geschichte und Gesellschaft, 44. Jahrg., H. 1, Neue Wege der Begriffsgeschichte (Januar - März 2018), S. 5-28
Christian Janecke: Maschen der Kunst, zu Klampen Verlag, 2011
Stefan Jordan/Jürgen Müller (Hg.): Grundbegriffe der Kunstwissenschaft, Reclam, 2018
George Kubler, The Shape of Time, Yale University Press, 1962
Meyer Schapiro, « Style », Anthropology Today, 1953, S. 287-311
Heinrich Wölfflin, Kunstgeschichtliche Grundbegriffe, F. Bruckmann A.-G., 1915

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Do 18.03.2021 21:48