Universität Wien
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100231 SE Masterseminar NdL: We-Narratives von Kafka bis Jelinek (2019S)

6.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 10 - Deutsche Philologie
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 30 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Mittwoch 06.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 13.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 20.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 27.03. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 03.04. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 10.04. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 08.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 15.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 22.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 29.05. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 12.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 19.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5
  • Mittwoch 26.06. 16:45 - 18:15 Seminarraum 5 Hauptgebäude, Tiefparterre Stiege 9 Hof 5

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Verwendung des Pronomens „Wir“ ist in der Alltagskommunikation, in Politik und Ästhetik eine nicht wegzudenkende Selbstverständlichkeit. Allerdings handelt es sich beim Wir-Sagen um soziologisch wie kulturhistorisch hoch komplexe Sprechakte, die performativ auf eine Gruppe verweisen, deren Legitimität, Grenzen (Inklusion/ Exklusion) und Machtrelationen in den Äußerungen mitverhandelt werden. Wir-Diskurse sind, wie in der Forschung seit langem bekannt, Schlüsselelemente in der Konstituierung von Kollektiven (soziale Gruppen, Klassen, Parteien, Geschlechter, Nationen usw.), wobei das Sprechen „im Namen von“ als ebenso zentrale wie heikle Grundfigur politischer Subjektivierung und Stellvertretung zu verstehen ist. Weniger gut erforscht ist freilich das Paradoxon, dass der Erfolgsgeschichte gesellschaftlicher Wir-Diskurse eine signifikant anders verlaufende Geschichte des kollektiv (real) gesprochenen Wir gegenübersteht. Zu diesen Wir-Sprechpraktiken zählen u.a. das Chorbeten, das politische Skandieren, das chorische Deklamieren, das didaktische Chorsprechen, die Sprechchorbewegung des frühen 20. Jahrhunderts und die Tradition des chorischen Sprechens im Theater. Das genannte Paradoxon verlangt, die Funktionsweisen unterschiedlicher Medien, Schauplätze und Kunstgattungen in die Reflexion über Wir-Diskurse miteinbeziehen. Es erlaubt jedoch zugleich einen neuen Blick auf das Wir der erzählenden Literatur – auf die „we-narratives“ von Kafka bis Jelinek.

Die Lehrveranstaltung verfolgt zwei Ziele:
1) Zum einen zielt sie auf die Vermittlung und selbständige Erarbeitung von literatur- und kulturhistorischem Wissen bezüglich der im Zentrum stehenden Problematik des Wir-Sagens, Wir-Schreibens und Wir-Lesens im Spannungsfeld von Politik und Ästhetik (Literatur, Theater).
2) Zum anderen zielt das Seminar auf das Erwerben praktischer Kompetenzen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens, wobei die einzelnen Arbeitsschritte (unterstützte Themenfindung; Erstellung eines Exposés, inklusive klarer Fragestellung und Methodik sowie einer Bibliografie relevanter Forschungsliteratur) thematisiert, diskutiert und Schritt für Schritt mit Unterstützung (durch die LV-Leiterin und in themenbezogenen Arbeitsgruppen) umgesetzt werden.

Die Lehrveranstaltung beginnt mit mehreren Sitzungen, in denen auf der Basis selbständiger Vorbereitung wichtige theoretische Grundlagen und literarische Schlüsseltexte gemeinsam erarbeitet werden. Diese Termine werden begleitet von Überblicken und Gruppenarbeiten zu den verschiedenen Bereichen wissenschaftlichen Arbeitens (literatur- und kulturwissenschaftliche Methodik, Bibliografieren, Themenspezifizierung, Strukturierung der schriftlichen Abschlussarbeit). Im Laufe der letzten Termine werden von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen Kurzreferate zu den erarbeiteten Exposés gehalten und im Plenum durch Anregungen ergänzt und diskutiert.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

- Regelmäßige Anwesenheit (max. drei Fehlstunden)
- Vollständige und termingerechte Lektüre der Pflichtliteratur
- Vorbereitung der Sitzungen (inkl. Notizen)
- Aktive mündliche Mitarbeit in Plenums- und Gruppendiskussionen sowie in den Gruppenarbeiten
- Kurzpräsentation eines literarischen oder Sekundärliteratur-Textes (ev. in Gruppenpräsentation)
- Exposé inklusive Bibliografie
- Kurzpräsentation des Exposés (ev. im Rahmen einer Gruppenpräsentation)
- Schriftliche Abschlussarbeit (25 Seiten Haupttext, einzureichen bis 31.08.2019)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Die Gesamtnote wird aus den oben angeführten Teilleistungen (1. schriftliche Abschlussarbeit, 2. Exposé, 3. zwei Kurzpräsentationen, 4. mündliche Mitarbeit) errechnet, wobei die Punkte 1 bis 3 die Mindestanforderung (1. positive Abschlussarbeit, 2. Exposé, 3. zwei Kurzpräsentationen) darstellen.

Prüfungsstoff

Literatur

Primärliteratur (teils fakultativ, teils verpflichtend):

Brecht, Bertolt: Die Maßnahme (1930)
Ders.: Die heilige Johanna der Schlachthöfe (1931)
Canetti, Elias: Komödie der Eitelkeit (1934)
Jeffrey Eugenides: The Virgin Suicides, London 1993 (dt.: Die Selbstmord-Schwestern)
Faulkner, William: A rose for Emily (1931)
Fischer, Ernst: Der ewige Rebell. Ein proletarisches Passionsspiel (1925)
Grass, Günter. Katz und Maus. Eine Novelle (1961)
Haider, Lydia: Kongregation. Roman (2015)
Hofmann, Gert: Der Blindensturz. Erzählung (1985)
Ders.: Unsere Eroberung (1985, Erzählung)
Jandl, Ernst/ Elfriede Mayröcker: Fünf Mann Menschen. Hörspiele, Stuttgart 1971
Jelinek, Elfriede: Ein Sportstück (1998)
Dies.: Wolken.Heim (1988)
Dies.: Die Schutzbefohlenen (2013/14)
Jonke, Gert: Chorphantasie. Konzert für Dirigent auf der Suche nach dem Orchester (2003)
Kafka, Franz: Beim Bau der chinesischen Mauer (1917)
Ders.: Eine Gemeinschaft von Schurken (1917)
Ders.: Gemeinschaft (1920)
Ders.: Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse (1923)
Oz, Amos: Beduinen und Kreuzottern (1963)
Pollesch, René: Was hält uns zusammen wie ein Ball die Spieler einer Fußballmannschaft? (2017)
Samjatin, Jewgeni: Wir (1920)
Scharang, Michael: Schluß mit dem Erzählen und andere Erzählungen (1970)
Sontag, Susan: Ich, etc. Erzählungen (1978)
Wright, Richard: 12 Million Black Voices (1941)

Sekundärliteratur/ Theorietexte (Auswahl)

Agamben, Giorgio: We Refugees, in: Symposium 49/2 (1995), S. 114 (dt.: Wir Flüchtlinge, 2006).
Arendt, Hannah: Wir Flüchtlinge (1943), Stuttgart 2016.
Bourdieu, Pierre: Politik. Schriften zur politischen Ökonomie 2, Frankfurt/M. 2012.
Ders.: Das politische Feld. Zur Kritik der politischen Vernunft, Konstanz 2001.
Haß, Ulrike: Woher kommt der Chor, in: Maske und Kothurn 58/1( 2012), S. 13-30.
Krabbe, Katharina, Julia Bodenburg, Nicole Haitzinger (Hg.): Chor-Figuren. Transdisziplinäre Beiträge, Freiburg i. Br. 2016.
Liska, Vivian: When Kafka Says “We”. Uncommon Communities in German-Jewish Literature, Bloomington/ Indiana 2009 (dt.: Fremde Gemeinschaft).
Marchart, Oliver (Hg): Die politische Differenz. Zum Denken des Politischen bei Nancy, Lefort, Badiou, Laclau und Agamben, Frankfurt/M. 2010.
Marcus, Amit: Dialogue and Authoritativeness in “We” Fictional Narratives: A Bakhtinian Approach, in: Partial Answers: Journal of Literature and the History of Ideas 6/1 (2008), 135–161.
Margolin, Uri: Telling in the Plural: From Grammar to Ideology, in: Poetics Today 21/3 (2000), 591–618.
Rancière, Jacques: Die Aufteilung des Sinnlichen. Die Politik der Kunst und ihre Paradoxien [2000], Berlin 2008.
Rásky, Béla: Arbeiterfesttage. Die Fest– und Feierkultur der sozialdemokratischen Bewegung in der Ersten Republik Österreich 1918–1934, Wien 1992
Richardson, Brian: Unnatural Voices: Extreme Narration in Modern and Contemporary Fiction, Columbus/ Ohio 2006.
Vogl, Joseph (Hg.): Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen, Frankfurt/ Main 1994.
Warneken, Bernd J. (Hg.): Massenmedium Straße. Zur Kulturgeschichte der Demonstration. Frankfurt/M., New York 1991

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Teilnahmevoraussetzung im UF Deutsch Diplom:
1.Abschnitt
Zur Äquivalenzliste geht es hier: https://spl10.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/s_spl10/Aequivalenzliste-abWS15.pdf

Letzte Änderung: Mi 15.12.2021 00:18