170069 UE "Revolution" im Autorenfilm der 1960er Jahre (2012S)

Beeinflusst von den Ideen der Neuen Linken, so wie sie von Herbert Marcuse oder Henri Lefebvre bereits seit den 1950er Jahren formuliert wurden, politisierten sich die jungen Filmemacher des "Autorenfilms" verschiedener europäischer und außereuropäischer Länder. Zwar entwickelte sich die Autorenfilmbewegung auch über die Auseinandersetzung mit Filmgeschichte und in Abgrenzung von der industriellen Filmproduktion fort, doch formulierten ihre Vertreter gleichzeitig eine Kritik an Gesellschaft und Politik, die Parallelen zur Neuen Linken aufweist. "Revolution" war ein zentrales Thema der Neuen Linken und auch die Autorenfilmer nahmen in ihren Texten und Filmen dazu Bezug. Die Unzufriedenheit mit tradierten Gesellschaftsstrukturen und Verhaltensmustern der einzelnen Länder, vor allem aber eine fundamentale Kritik an der Industriegesellschaft , deren Fähigkeit, die Atombombe zu bauen und einzusetzen als höchster Ausdruck ihrer Krise und Entfremdung gewertet wurde, bildeten den Nährboden für die verschiedenen sozialen Bewegungen der 1960er Jahre, in deren Kontext der Autorenfilm einzuordnen ist.

In dem Seminar soll ein Blick auf Filme aus verschiedenen Ländern geworfen werden, in denen es den Autorenfilmern gelang, einen Ausdruck für die persönlichen und politischen Zusammenhänge von Revolution und Befreiung zu finden. Vor allem französische, westdeutsche und brasilianische Filme sollen hier untersucht werden. Da sich die Autorenfilmbewegung jedoch nicht nur über ihre Filme, sondern vor allem in der Filmkritik manifestierte, werden auch Texte der Filmemacher und -kritiker gelesen. In den 1960er Jahren bestand die Filmkultur aus einem ganzen Netz von Filmclubs, Zeitschriften und Festivals, der von der Politisierung der Gesellschaft getragen wurde, aber gleichzeitig selbst intensiv dazu beitrug.