Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

170160 SE MA (G) 2.3. "Bruchstellen der Moderne" (2013S)

Aki Kaurismäki - Fortwährende Betrachtungen der Schatten im Paradies

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

Blocktermine im Jura Soyfer-Saal am Fr 10.5. 15-18, Sa 11.5. 10-13, Fr 31.5. 15-18, Sa 1.6. 10-13, So 2.6. 10-13, Fr 21.6. 15-18, Sa 22.6. 10-13 und So 23.6. 10-13 Uhr

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 50 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine

Zur Zeit sind keine Termine bekannt.

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Ein junger Filmemacher, der sich als Vorlage für seinen Debütfilm SCHULD UND SÜHNE von Dostojewski aussucht, ist nicht einfach nur risikofreudig. Er ist entweder total verrückt oder weiß genau, was er tut. Aki Kaurismäki erklärte 1984, was er bei seinem Erstling im Sinn hatte, nämlich ein paar einfache Dinge miteinander zu verknüpfen: "einen kargen Stil, B-Movies, die Psychologie Dostojewskis und eine Reihe von Ereignissen, die sich in einer anonymen Stadt abspielen." Kaurismäki meisterte die Aufgabe und sollte fortfahren, mit diesen Ingredienzien auch in seinen folgenden Filmen zu arbeiten. Minimalismus, die Verknüpfung von Erhabenem und Trivialem im Leben wie in der Kunst, eine Art der Charakterzeichnung, die eher von klassischen Vorbildern als vom Fernsehen beeinflusst ist, eine Kaskade von Geschehnissen, ein Alternieren von Zufall und Schicksal - all das wurde zum Markenzeichen aller Filme, die folgten bis zu seinem jüngsten, dem in Nordfrankreich angesiedelten: LE HAVRE (2011).

Aki Kaurismäkis Filme spielen in einem Paralleluniversum, das vollkommen künstlich und zugleich ganz real ist. Sie sind meist angesiedelt in anonymen Vororten von Städten und zeichnen sich durch raue Menschlichkeit, tiefe Verachtung für die Bürokratie, sowie einen geradezu übermenschlichen Spagat zwischen hartem Verismus und sanfter Märchenhaftigkeit aus.

Seit Kaurismäki anfing, Filme zu drehen haben all seine Figuren in diesem Universum gelebt. Und obwohl die meisten Kaurismäki-Geschichten in Finnland spielten, reicht Kaurismäkis Blick weit über die finnische Hauptstadt hinaus: London (I HIRED A CONTRACT KILLER) liegt ebenso in Kaurismäki-Land wie Paris (LA VIE DE BOHÈME), Tallin (TATJANA) und sogar die amerikanische Provinz (LENINGRAD COWBOYS GO AMERICA). Kaurismäkis Kino ist in seiner Heimatlosigkeit so fest verwurzelt, dass es überall ein Zuhause findet.

Der finnische Regisseur ist ein unversöhnlicher Wächter über Ethos, Moral und Stil des klassischen Kinos, und er ist ein Bolschewist des Herzens. Auf ewig unversöhnt mit dem Mainstream (Aki Kaurismäki über Aki Kaurismäki) verfolgt er die Idee eines modernen und vitalen Kinos in der Schwebe zwischen Melancholie und Humor, Melodram und Realismus.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Zusammensetzung der Benotung: Aktive Teilnahme an den Seminarsitzungen (20%)
Präsentation eigener Arbeitsergebnisse, d.h. Referat und Handout (25%)
Hausübung, z.B. Exzerpt oder Bibliographie (15%)
abschließende Hausarbeit (40%).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Teilnahmevoraussetzungen:
Anwesenheit beim ersten Termin der LV; Regelmäßige und aktive Teilnahme an den Plenumssitzungen; Erstellen und Vortragen eines Referats; Ausarbeitung einer Semesterarbeit am Ende der Lehrveranstaltung

Das Seminar versteht sich als Vermessung eines mental-ästhetischen Universums, d.h. es soll um die Herausarbeitung der thematischen, ästhetischen und politischen Konstanten im Werk des Regisseurs Aki Kaurismäki gehen, versammelt vor dem Hintergrund der Überlegungen von Stefan Zweig zum Wesen des authentischen Schöpfers. Diese Überlegungen können auch als das Urmeter der Autorentheorie im Kino angesehen werden. Nach Zweig ist ein authentischer Schöpfer "derjenige - hier wird Breite des Werks und Fülle der Figuren zum Argument - der einen ganzen Kosmos baut, der eine eigene Welt mit eigenen Typen, eigenen Gravitationsgesetzen und einem eigenen Sternenhimmel neben die irdische stellt. Der jede Figur, jedes Geschehnis so sehr mit seinem Wesen imprägniert, dass sie nicht nur für ihn typisch werden, sondern auch für uns selbst mit jener Eindringlichkeit bildkräftig, die uns dann oft verlockt, Geschehnisse nach ihnen zu benennen, sodass wir von Menschen im lebendigen Leben etwa sagen: eine balzacsche Figur, eine Dickensgestalt, eine Dostojewskinatur."

Prüfungsstoff

Der Aufbau des Seminars folgt der Entwicklung des Regisseurs und seinen Ambitionen eine fortlaufende Kino-Saga über die Existenz am unteren Rand der Gesellschaft herzustellen.

Die Studierenden sind aufgefordert sich zu Arbeitsgruppen zusammen zu finden und einzelne Aspekte aus dem Zusammenhang der Filmarbeit von Aki Kaurismäki zu erarbeiten und als Referat vorzutragen.

Literatur


Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

II.2.1. Filmwissenschaft; 092: § 5(1)

Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:36