Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

170224 UE Übung "Medienübergänge" (2024S)

Erzählen - Kompostieren - Aktualisieren. Walter Benjamin und Donna Haraway

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

  • Donnerstag 07.03. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde
  • Donnerstag 21.03. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde
  • Donnerstag 18.04. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde
  • Donnerstag 02.05. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde
  • Donnerstag 23.05. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde
  • Donnerstag 13.06. 11:30 - 14:45 Seminarraum 1 2H316 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Sowohl Walter Benjamin als auch Donna Haraway beschäftigen sich mit den politischen, transformatorischen Potenzialen von Kunst und Ästhetik, was sich unter anderem in deren Betrachtungen zum Geschichtenerzählen zeigt. Während Benjamin analysiert, warum das Handwerk des Erzählens ausstirbt, betont Haraway den Bedarf an neuen Geschichten. Dabei stellt sie die These auf, dass es insbesondere darauf ankommt, welche Geschichten wir erzählen, um damit andere, neue Geschichten erzählen zu können. Diese Überlegung werden in Fabrizio Terranova Film "Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival" mit Haraways radikaler Kritik an der fortschreitenden Naturzerstörung verknüpft. Terranovas experimentelles Filmporträt eignet sich meiner Ansicht nach darüber hinaus als anschauliches Beispiel für eine äußerst gelungene Verknüpfung von politischer sowie philosophisch-biologischer Theorie und künstlerisch-dokumentarischer Darstellung. Weiters kann Haraways Figur des Cyborgs als eine Manifestation der Dialektik zwischen Natur und Technologie gesehen werden, die auch Benjamin theoretisierte. Beide haben sich bei der Formulierung ihrer Kritik an der Ausbeutung der Natur von Science-Fiction-Literatur inspirieren lassen. Benjamins euphorische Rezeption von Paul Scheerbarts utopischen Science-Fiction-Geschichten findet ihre Entsprechung in Haraways Auseinandersetzung mit feministischer Science-Fiction-Literatur. Hier zeigt sich erneut wie politische Theorie von künstlerischen Arbeiten inspiriert werden kann sowie umgekehrt, inwiefern bestimmte künstlerische Äußerungen bereits auf politisch-theoretischen Überlegungen basieren. So reflektiert Haraways Science-Fiction-Rezeption nicht nur den problematischen Einsatz von Technologie in der bürgerlichen Gesellschaft, sondern auch das große feministische Potenzial von Science-Fiction-Kunst. Haraways Ideen über die Fluidität der Identität und das Potenzial der technologischen Innovation können diesbezüglich das Verständnis von Benjamins Kritik an der entfremdeten Beziehung zwischen Mensch, Natur und Technik bereichern. Eine weitere Parallele, die in der Lehrveranstaltung thematisiert wird, betrifft Haraways Konzept des "situierten Wissens". Wie Haraway versteht Benjamin Wissen nicht als transzendent, sondern als partiell und lokalisierbar. Seine Forderung nach einer neuen Art des Schreibens und Denkens über Geschichte - "gegen den Strich" – stellt den Versuch dar, die Marginalisierten, die durch den hegemonialen historischen Ansatz ausgelöscht und vergessen wurden, einzubeziehen, wiederzubeleben und an sie zu erinnern. Benjamin sieht es als die Aufgabe der Historiker*innen und Philosoph*innen an, diese Beschränkung zu überwinden bzw. zu subvertieren und eine "Geschichte von unten" zu etablieren, die nicht länger von den Siegern und Unterdrückern geschrieben wird. Diese radikale Kritik an der Art und Weise, wie Geschichte geschrieben wird, sowie Benjamins utopischer Ansatz hinsichtlich einer besseren Zukunft verleihen seinen Text eine enorme Aktualität und bezeugen die Nähe zu einigen Gedanken Haraways.

Ziele:
In dieser Lehrveranstaltung sollen die Arbeiten Walter Benjamins in einen produktiven Dialog mit den Texten Donna Haraways gebracht werden. Ausgehend von Benjamins Gedanken zum Erzählen, seiner Kritik an der Naturbeherrschung, seiner Geschichtsphilosophie sowie seinem konstellativen Denken im Allgemeinen, wird in der Lehrveranstaltung untersucht, inwiefern diese im Lichte von Haraways Vision des Cyborgs, der Verwischung der Grenzen zwischen Menschen, Tieren und Maschinen sowie ihren Gedanken zu Fadenfigur, Verwandtschaft und Situiertheit neu interpretiert werden können.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Lektüre der Texte (Pflichtlektüre) und Teilnahme an der Diskussion sowie angeleitete Gruppengespräche
Diskussionsleitung/Moderation (Als Kleingruppe, maximal 20 Min. )
Exposé (1-2 Seiten)
Kurzessay (5 Seiten)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Vorausgesetzt wird die regelmäßige Teilnahme inkl. Lektüre und Diskussion der Seminartexte.
Die maximal tolerierbare Fehlzeit umfasst 3 Sitzungen im Laufe des Semesters.
(Achtung das heißt Maximal eine Doppel Sitzung und eine halbe Doppelsitzung)
Die Endnote setzt sich aus einer mündlichen und zwei schriftlichen Teilleistung zusammen:
Diskussionsleitung bzw. Moderation einer Sitzung (35% der Gesamtnote)
Exposé der Abschluss-/Bachelorarbeit (25% der Gesamtnote)
Kurzessay (schriftlich max. 6 Seiten wissenschaftlicher Text 40% der Gesamtnote)

Prüfungsstoff

Die Lehrveranstaltung ist prüfungsimmanent, siehe Teilleistungen oben.

Literatur

Film:
Fabrizio Terranova: "Donna Haraway: Story Telling for Earthly Survival"
Mamoru Oshii: "Ghost in the Shell" + "Ghost in the Shell 2: Innocence"

Donna Haraway:
Unruhig bleiben, Ein Manifest für Cyborgs,
Monströse Versprechen. Die Gender- und Technologie-Essays, Das Manifest für Gefährten

Walter Benjamin:
Über den Begriff der Geschichte, Der Erzähler, Sur Scheerbart, Erfahrung und Armut,
Fragment zu Paul Scheerbart – Lesabéndio, Zu Mickey Maus (Fragment)

Eva von Redecker: Vorwort zur Neuausgabe der Dialektik der Aufklärung
Paul Scheerbart: Lesabendio
Karen Barad: "Berühren – Das Nichtmenschliche, das ich also bin", Verschränkungen
Ursula K. Le Guin: The Carrier Bag Theory of Fiction (Die Tragetaschentheorie der Fiktion)
Octavia E. Butler, Parable of the Sower (Die Parabel vom Sämann)
...

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: So 03.03.2024 20:26