Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

170502 UE Das Unheimliche (2016W)

Medienkulturwissenschaftliche Perspektiven auf ein psychoästhetisches Konzept

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

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Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 35 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Bitte stellen Sie sicher, dass sie an beiden Wochenenden komplett am Kurs teilnehmen können!

  • Samstag 26.11. 09:45 - 16:30 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
  • Sonntag 27.11. 09:45 - 16:30 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
  • Freitag 02.12. 15:00 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde
  • Samstag 03.12. 09:45 - 18:15 Seminarraum 2 2H415 UZA II Rotunde

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Inhalt:
Sigmund Freuds Essay Das Unheimliche (1919), lange Zeit kaum rezipiert, gilt heute als einer seiner bekanntesten Texte. Im Foucault’schen Sinne fungiert Freud zweifellos als Diskursbegründer für das Konzept des Unheimlichen, wiewohl der Begriff zumindest etymologisch auf eine ältere Tradition verweisen kann. Insbesondere Schellings Diktum, demnach das Unheimliche alles sei, „was ein Geheimnis, im Verborgenen bleiben sollte und hervorgetreten ist“, hat sich für den psychoanalytischen Verdrängungsbegriff als anschlussfähig erwiesen.
Spricht man heutzutage vom Unheimlichen, so wird überwiegend und fortwährend auf die Freud’sche Konzeption des Begriffs referiert – wenn auch nicht mehr mit all seinen psychoanalytischen Implikationen. Seit Beginn der 1990er Jahre ist das Unheimliche in den Geistes- und Kulturwissenschaften, insbesondere aber in den Cultural Studies angloamerikanischer Prägung, zu einem virulenten Begriff avanciert, der von der Forschung in divergierender und variierender Weise funktionalisiert wird. In seinem einflussreichen Aufsatz The Uncanny Nineties (1995) konstatiert Martin Jay, dass das Unheimliche „one of the most supercharged words in our current critical vocabular“ sei. Umso drängender ist es, der reichen theoretischen Auseinandersetzung mit dem Unheimlichen im 20. und 21. Jahrhundert nachzugehen: Neben Freuds Essay sollen im ersten Teil des Seminars auch andere Texte zum Unheimlichen (teils in Ausschnitten) gelesen werden, etwa von Tzvetan Todorov, Neil Hertz, Sarah Kofman, Hélène Cixous und Homi Bhabha. Das Unheimliche soll hierbei von anderen ästhetischen Konzepten wie dem Erhabenen, dem Wunderbaren und dem Fantastischen abgegrenzt werden. Daran schließt sich der zweite und hauptsächliche Teil des Seminars an, in dem es um die exemplarische Auseinandersetzung mit Medien, denen eine unheimliche Ästhetik zueigen ist, gehen soll: filmische Klassiker wie L'ANNÉE DERNIÈRE À MARIENBAD (1961) oder THE HAUNTING (1963), paradigmatische Serien wie TWIN PEAKS (1990-91) oder LES REVENANTS (2012-15), das historische Phänomen der Geisterfotografie, das Fotoblogprojekt „Vergessene Orte“ (http://vergessene-orte.blogspot.de) und Computerspiele wie Silent Hill (1999) oder Limbo (2010). Auch die von Freud im Aufsatz prominent analysierte Erzählung E. T. A. Hoffmanns, Der Sandmann (1816), soll im Lichte ihrer Auslegung kritisch gelesen werden.

Ziele:
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Seminars
– kennen Studierenden eines der wichtigsten ästhetischen Konzepte des 20. Jahrhunderts und können dieses in all seiner Breite wiedergeben,
– sie wissen um dessen mannigfaltige Theoriegeschichte und Fortführungen innerhalb der Medienkulturwissenschaft,
– sie haben medienkomparatistische Fertigkeiten anhand der Analyse historischer und gegenwärtiger Beispiele (Film, Fotografie, Games, Literatur) erworben
– und sie können das erlernte Wissen in ein Seminaressay mit eigener Themenwahl überführen und anwenden.

Methode:
Der erste Block hat die theoretischen Texte zum Unheimlichen zum Inhalt, im zweiten Block geht es um die medialen Auseinandersetzungen mit dem Unheimlichen (Film, Fotografie, Games etc.). Zu Vorlesungsbeginn werden die Seminarkonzeption, die einzelnen Themen sowie die spezifischen Leistungsanforderungen im Moodle vorgestellt; dort werden auch die Expertengruppen zusammengestellt.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Bis zum ersten Blocktermin wird den Studierenden so eine Phase des Selbststudiums ermöglicht. Sie bereiten in dieser Zeit die theoretischen Texte vor, die während des ersten Blocks besprochen werden. Bis zum ersten Blocktermin reichen die Studierenden zwei Lesekarten ein, welche die grundlegende Textargumentation zweier theoretischer Texte zusammenfassen (Umfang: ein bis zwei Seiten). Die Lesekarten werden mit weiterführenden Fragen versehen, die noch vor dem ersten Blocktermin allen Studierenden zugänglich gemacht werden. Für den zweiten Block erstellen die Studierenden zwei Sichtungskarten (Umfang: ein bis zwei Seiten), auf der sie den Inhalt des Films, der Fotografie, des Spiel beschreiben, reflektieren sowie mit dem erworbenen theoretischen Vorwissen verknüpfen.
Während der zwei Blöcke werden die einzelnen Themeneinheiten sowohl vom Dozenten als auch von studentischen Expertengruppen geleitet. Die Expertengruppen überlegen sich in Absprache mit Dozenten Moderationsfragen, Analysebeispiele, Gruppenmethoden u.ä. Auf diese Weise wird ein selbstbestimmtes, zugleich aber angeleitetes und unterstütztes Lernen gefördert, das der Idee des „forschenden Lernens“ folgt. Nach Abschluss des Blocktermins verfasst jede*r Studierende noch einen Essay im Umfang von fünf Seiten, welcher das erlernte Wissen z.B. in Form einer Filmanalyse oder Theoriebesprechung transferiert.

Die Gesamtleistung des Seminars (100%) ergibt sich aus
- zwei Lesekarten für den theoretischen Block (10%),
- zwei Sichtungskarten für den Medienblock (10%),
- Beteiligung der Expertengruppe (30%),
- und dem Seminaressay (50%)

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Abschluss der STEOP.

Prüfungsstoff

Literatur

Eine kleine Auswahl an Forschungsliteratur:

Harold Bloom: „Freud and the Sublime: A Catastrophe Theory of Creativity“. In: Ders.: Agon. Towards a Theory of Revisionism. New York 1982, S. 91-118.

Terry Castle: „Introduction“. In: Dies.: The Female Thermometer. Eighteenth-Century Culture and the Invention of the Uncanny. Oxford 1995, S. 3-20.

Hélène Cixous: „Fiction and Its Phantoms: A Reading of Freud’s Das Unheimliche (The ‚uncanny‘)“. In: New Literary History 7 (1976), H. 3., S. 525-548.

María del Pilar Blanco und Esther Peeren (Hrsg.): The Spectralities Reader. Ghosts and Haunting in Contemporary Cultural Theory. London u. a. 2013.

Jacques Derrida: „The Double Session“. In: Ders: Dissemination. Translated, with an Introduction and Additional Notes, by Barbara Johnson. Chicago 1981.

Jacques Derrida: Marx’ Gespenster. Der Staat der Schuld, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Aus dem Franz. von Susanne Lüdemann. Frankfurt a. M. 2004.

David Ellison: Ethics and Aesthetics in European Modernist Literature. From the Sublime to the Uncanny. Cambridge 2001.

Marc Falkenberg: Rethinking the Uncanny in Hoffmann and Tieck. Bern u. a. 2005.

Sigmund Freud: „Das Unheimliche“. In: Ders.: Studienausgabe in zehn Bänden mit einem Ergänzungsband. Hrsg. v. Alexander Mitscherlich, Angela Richards u. James Strachey. Bd. 4: Psychologische Schriften. Frankfurt a. M. 1994.

Neil Hertz: „Freud and the Sandman“. In: Ders. (Hrsg.): The End of Line. Essays on Psychoanalysis and the Sublime. New York 1985, S. 97-121.

Ernst Jentsch: „Zur Psychologie des Unheimlichen“. In: Psychiatrisch-Neurolog-ische Wochenschrift 22 (1906), S. 195-205.

Martin Jay: „The Uncanny Nineties“. In: Salmagundi 108 (1995), S. 20-29.

Sarah Kofman: „The Double Reading“. In: The Childhood of Art. An Interpretation of Freud’s Aesthetics. Translated by Winifred Woodhull. New York 1988, S. 1-22.

Julia Kristeva: Fremde sind wir uns selbst. Aus dem Franz. v. Xenia Rajewsky. Frankfurt a. M. 1990.

Roger Luckhurst: „The contemporary London Gothic and the limits of the ‚spectral turn‘“. In: Textual Practice 16 (2002), S. 527-546.

Anneleen Masschelein: The Unconcept. The Freudian Uncanny in Late Twentieth-Century Theory. New York 2011.

Masahiro Mori: „The uncanny valley“. In: IEEE Robotics & Automation Magazine 19 (2012), H. 2, S. 98-100.

Paulina Palmer: The Queer Uncanny. New Perspectives on the Gothic. Cardiff 2012.

Tzvetan Todorov: The Fantastic. A Structural Approach to a Literary Genre. Translated by Richard Howard. Ithaca 1985.

Anthony Vidler: The Architectural Uncanny. Essays in the Modern Unhomely. Cambridge/London 1992.

Samuel Weber: „The Sideshow, or: Remarks on a Canny Moment“. In: Modern Language Notes 88 (1973), S. 1102-1133.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

Letzte Änderung: Sa 02.04.2022 00:21