Universität Wien
Achtung! Das Lehrangebot ist noch nicht vollständig und wird bis Semesterbeginn laufend ergänzt.

180038 VO-L Philosophie in Afrika - eine Einführung (2012S)

Ein Überblick vom Alten Ägypten bis zur Gegenwart

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 18 - Philosophie

8. März, 22. März, 19. April, 3. Mai, 31. Mai, 14. Juni und 28. Juni und 29. Juni jeweils von 8.30-11.30 Uhr (pünktlich!) im Hörsaal 2i (NIG)
Erster Prüfungstermin: 29. Juni, 12.30 - 15.00 Uhr

Details


Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Diese einführende Veranstaltung soll Kenntnisse zur Geschichte und Entwicklung der Philosophie in Afrika, insbesondere südlich der Sahara, vermitteln. Dabei wird zunächst der Begriff der Philosophie hinterfragt und ein Arbeitsbegriff erarbeitet, der es möglich macht, sich Philosophien eines anderen Kontinents zu nähern, ohne eine klare Abgrenzung der Philosophie zu Religion, Mythos oder Volksweisheiten aufzugeben. Es wird auf die spezifische Schwierigkeit der Rekonstruktion von Philosophie in Afrika eingegangen (das Problem oraler Traditionsvermittlung, die schwierige Quellenlage, der Einfluss des Kolonialismus) und es werden verschiedene Theorien zur Entstehung der Philosophie in Afrika, wie die Verortung in Volksweisheiten oder den Eigenheiten der Sprache, diskutiert und auf ihre Relevanz hin geprüft. In diesem Zusammenhang erfolgt die Darstellung erster philosophischer Quellen aus Ägypten und Äthiopien.
Einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der modernen Philosophie in Afrika hatte die Erfahrung von Versklavung und Kolonialismus. Deren kulturelle und bildungspolitische Dimension wird erläutert und diskutiert. Eingang finden auch die Aussagen Kants und Hegels über den "schwarzen Kontinent". Diese werden in ihre Zeit eingeordnet und hinsichtlich ihres Einflusses auf die Wahrnehmung Afrikas diskutiert, ebenso das Schaffen des deutschen Philosophen afrikanischer Abstammung Anton Wilhelm Amo (1703-1753).
Eine ausführliche Darstellung erhalten die Strömungen der Philosophie in Afrika nach 1945, sowie einzelne Philosophen und Philosophinnen, philosophierende Staatsmänner und Führer von Befreiungsbewegungen. Dazu gehören die philosophisch-literarische Strömung der Négritude (u.a. Senghor, Césair) und ihr Kritiker Frantz Fanon, sowie die einflussreiche Strömung der Ethnophilosophie (u.a. Tempels, Kagamé, Mbiti) und ihre Kritiker (u.a. Hountondji, Towa, Odera Oruka). Dazu gehört auch eine umfangreiche Diskussion der Frage: "Was ist das Afrikanische an der afrikanischen Philosophie?", die die akademische Philosophie in Afrika bis in die 1990er Jahre bestimmt hat und um das Problem der Spannung zwischen universalem Anspruch der Philosophie und ihrer kulturellen Gebundenheit kreist. Als ein Lösungsversuch dieser Spannung wird Odera Orukas Projekt der Weisheitsphilosophie vorgestellt.
Großen gesellschaftlichen Einfluss hatte die Strömung des Afrikanischen Sozialismus (u.a. Nkrumah, Nyerere). Sie wird dementsprechend Beachtung finden. Als Ausblick auf die Relevanz heutigen Schaffens afrikanischer Philosophen und Philosophinnen für den Weltphilosophiediskurs werden die Diskussion des Identitätsproblems (u.a. Masolo), das Projekt der "Dekolonisierung des Bewusstseins" von Kwasi Wiredu, das sich mit einem Philosophieren in afrikanischen Sprachen auseinandersetzt, und afrikanische feministische Philosophietheorien vorgestellt.

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Voraussetzung für den Erwerb eines Abschlusses: mündliche Prüfung (Termin wird noch bekannt gegeben) oder eine Abschlussarbeit (ca. 15 Seiten).

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Ziel der LV ist sowohl die Vermittlung von Kenntnissen über die Entwicklung philosophischen Denkens und der philosophischen Strömungen der Gegenwart auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara als auch eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien zur Entstehung der Philosophie in Afrika, die auf jegliche Romantisierung oder Exotisierung genauso verzichtet wie auf die Festlegung eines ganzen Kontinents und seiner philosophischen Strömungen auf eine Authentizität.

Prüfungsstoff

Diese Vorlesung versteht sich als eine Einführung. Neben dem Vortrag der LV-Leiterin ist eine selbständige Lektüre ausgewählter Grundlagentexte, die entsprechend bekannt gegeben werden, nötig. Raum für Diskussion und Nachfragen wird in jeder Einheit zur Verfügung stehen.

Literatur

Appiah, Kwame Anthony: In my Father's House. Africa in the Philosophy of Culture. New York / Oxford: Oxford University Press, 1992.
Bilolo, Mubabinge: "Die klassische ägyptische Philosophie. Ein Überblick" In: Neugebauer, Christian (Hrsg.): Philosophie, Ideologie und Gesellschaft in Afrika: Wien 1989. Frankfurt/M. u. a.: Peter Lang, 1991.
Fanon, Frantz: Das kolonisierte Ding wird Mensch. Ausgewählte Schriften. Leipzig: Reclam 1986.
Hountondji, Paulin J.: Afrikanische Philosophie - Mythos und Realität. Hrsg. von Gerd-Rüdiger Hoffmann. Aus dem Engl. von Christian Neugebauer und Franz M. Wimmer. Mit einem Essay von Gerd-Rüdiger Hoffmann und Christian Neugebauer. Berlin: Dietz, 1993.
Masolo, Dismas: African Philosophy in Search of Identity. Bloomington et al: Indiana University Press /Edinburgh University Press, 1994.
Mudimbe, Valentin Y.: The Invention of Africa: Gnosis, Philosophy, and the Order of Knowledge. Bloomington: Indiana University Press, 1988.
Odera Oruka, Henry: "Grundlegende Fragen der afrikanischen Sage- Philosophy". In: Wimmer, Franz M. (Hrsg.): Vier Fragen zur Philosophie in Afrika, Asien und Lateinamerika. Wien: Passagen, 1988.
Wiredu, Kwasi: Cultural Universals and Particulars: An African Perspective. Bloomington: Indiana University Press, 1996.
------ derselbe (Ed.): A Companion to African Philosophy. Oxford et al.: Blackwell Publishing, 2006, S. 435-442.

Eine ausführliche Literaturliste wird zu Beginn der LV bekannt gegeben.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA M 8.2

Letzte Änderung: Sa 10.09.2022 00:19