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190143 SE 5.8.4 Disziplinierungsökonomien der Moderne III (2008W)
"Was hat man dir, du armes Kind, getan?" - Zur Phänomenologie postmodern-säkularer Opferidentitäten.
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
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- Anmeldung von Mo 15.09.2008 20:00 bis Mo 22.09.2008 09:00
- Anmeldung von Di 23.09.2008 09:00 bis Di 30.09.2008 09:00
- Abmeldung bis So 12.10.2008 12:00
Details
max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch
Lehrende
Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert
- Mittwoch 08.10. 18:00 - 19:30 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 12.11. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 26.11. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 10.12. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 17.12. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 14.01. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
- Mittwoch 21.01. 17:15 - 20:15 (Großer Seminarraum, Garnisongasse 3/2. Stock, 1090 Wien)
Information
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Prüfungsstoff
Literatur
Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis
5.8.4
Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:37
Westliche Zivilgesellschaften führen ihn zur Anerkennung und Implementierung neuer Legitimationsverfahren ebenso, wie zur Durchsetzung der Rechtssicherheit von Minderheiten. Hierbei richtet sich das Augenmerk verstärkt auf Opfer von Gewalt, die sich repräsentativ in den bislang politisch benachteiligten Gruppierungen der Frauen, Kinder, Migranten, aber auch traumatisierten Subjekten wieder finden.
Diese Phänomene finden formal ihren Niederschlag zunächst auf juristischem Boden, als Zunahme der Verrechtlichung, die im Sinne einer konsequenten Fortsetzung der Rationalisierung von Lebenswelt, auch als ein spätes Kind der Aufklärung gedacht werden kann. Im Gegensatz zur religiösen Praktik des Opfers, situiert sich gegenwärtig das "postmodern-säkulare Opfer" allerdings vorwiegend außerhalb traditionell, religiöser Praktiken und Diskurse. Es figuriert nicht als Dispositiv transzendenter Heilsversprechen, sondern als Referent konkret erlittenen Unheils, es ist nicht Opfer für den Anderen, vielmehr Opfer von dem Anderen.Welche Fragen wirft dies für die Humanwissenschaften, im Besonderen für die Pädagogik auf? Begegnet uns im Opferdiskurs ein irrationaler Gestus, der an archaisch-religiöse Heilsversprechen erinnert? Lässt sich überhaupt von einem neuen Identitätsdiskurs sprechen, oder radikaler gefragt, zeigt sich dieser selbst nicht bereits als ein pädagogischer, sodass sich eine "Opferpädagogik" vermuten ließe? Eine Pädagogik des Opfers, die im Gegensatz zu einem traditionell humanistischen Aufklärungsgestus, die Enteignung rationaler Selbsttechnologien betriebe, zugunsten einer Aneignung von Leiden und Risiken als neue Kategorien der Identitätsversicherung.
Anstelle des kantischen Appells an das Subjekt, seine Befreiung aus selbstverschuldeter Unmündigkeit zu wagen, tritt eine angstgeleitete Viktimisierung in unterschiedlichsten Lebensbereichen, ein Opfersubjekt, welches sich permanenten Fährnissen und Risiken, die gerade seine körperliche wie auch sexuelle Integrität bedrohen, ausgesetzt sieht, jedoch über eine Akkumulation von "Leidenskapital" Reputation und Beachtung erzielen kann. Gewissermaßen sichert ein Ausgeliefertsein an fiktionale Gefahrenpotentiale, sowie die Bearbeitung und Verwaltung persönlichen Leidens im Sinne eines "Leidensmanagment" Aufmerksamkeit, Popularität, gegebenen Falls auch finanziellen Erfolg.Die LV versucht zunächst einen Überblick zum Forschungsstand der gegenwärtigen Opferdebatte zu geben und die dabei entstehenden Fragen vor dem Hintergrund pädagogischer Subjekttheorien in den Blick zu nehmen. Anhand aktueller Texte aus unterschiedlichen Disziplinen wird eine Standortbestimmung der Pädagogik innerhalb des Opferdiskurses versucht werden. Ihre mögliche Beteiligung oder aber kritische Opposition steht dabei zur Diskussion.Die Themenfelder, die hierbei Beachtung finden sind:- der Bedeutungswandel in der Kategorie des Opfers am Beispiel des englischen victim und sacrifice;
- die zunehmende Opferorientierung im Strafrecht;
- der Sexualstraftäter als Antagonist eines postmodern-säkularen Opfers;
- Diskurslinien der letzen 50 Jahre am Beispiel:
o von Kindheit als permanentem Risiko von Opfersein,
o von Weiblichkeit als Opferstruktur im feministischen Diskurs der 1970er u. 80er Jahre,
o vom Wandel des Traumabegriffs in der Psychotherapie.Das Seminar soll die Studierenden befähigen eine eigenständige Forschungsfrage zum Thema zu entwickeln, welche sodann im Rahmen einer Seminararbeit zu bearbeiten ist. Zur Erlangung einer positiven Beurteilung ist das Verfassen einer Seminararbeit, sowie die Auseinandersetzung mit und das Referieren von zum Teil auch englischen Texten notwendig.