210051 SE BAK9 SE Politische Theorien und Theorienforschung (2015W)

Als in den 1970er- und 1980er-Jahren der (Sozial-)Staat verstärkt in den politikwissenschaftlichen Fokus rückte, dominierten unterschiedliche funktionszentrierte Ansätze das Feld. Neben modernisierungs- waren hier auch kapitalismustheoretische Überlegungen weit verbreitet, deren gemeinsamer Bezugspunkt Karl Marx' Kritik der Politischen Ökonomie darstellte. Von entsprechender Bedeutung war die Frage nach der eigentümlichen Form politischer Herrschaft unter kapitalistischen Bedingungen, nach den verschiedenen Funktionen, die dem Staat in Bezug auf die Reproduktion von Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen zukommen, aber auch nach der Art und Weise, wie dieser selbst zum Feld und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen wird. Besonders relevant erschien dabei die Analyse und Kritik solcher Formen, Funktionen und Kämpfe, die mit dem Staat in seiner historisch-spezifischen Gestalt als Keynesianischer Wohlfahrtsstaat in Verbindung standen. Ab den 1980er-Jahren jedoch gerieten die Aporien und Fallstricke solch funktionszentrierter Sozialstaatstheorien zunehmend in die Kritik und bedingten deren Marginalisierung zugunsten von stärker institutionen-, akteurs- oder ideenzentrierten Ansätzen. Im Rahmen des Seminars sollen anhand ausgewählter Beispiele die Debatten der 1970er (und 1980er) um eine materialistische (Sozial-)Staatstheorie kritisch aufgearbeitet und auf mögliche Anschlusspunkte für aktuelle politikwissenschaftliche Fragestellungen hin untersucht werden.