210074 SE BAK 11: Psychische Gesundheit als Policyfeld der Internationalen Beziehungen (2025S)

In der Lehrveranstaltung werden wir uns in einem ersten Schritt mit dem Feld der Psychologie und Psychiatrie im Rahmen des Kolonialismus auseinandersetzen. Unser Fokus liegt darauf, wie rassistische Diskurse in diesen Feldern politische Entscheidungen und Maßnahmen beeinflussten und wie koloniale Institutionen kolonisierte Subjekte hervorbringen. Basierend auf Studien zu Psychiatrie und Gesundheitseinrichtungen als Orte der Konfrontation zwischen Kolonialherrschaft und indigener Bevölkerung untersuchen wir intersektionale Herrschaftsverhältnisse und politische Dynamiken, die die koloniale Ausbeutung prägten und aufrechterhielten. Es ist auch der Versuch, der Diversität der Entwicklungen am Beispiel von Maghreb, Indien oder Westafrika Rechnung zu tragen.
Weiters beschäftigen wir uns mit der Entstehung der Traumatheorie sowie den Auswirkungen von Diskriminierungserfahrungen auf psychische Gesundheit. Welche Rolle spielen gesellschaftliche Verhältnisse allgemein für Psychopathologien? Wie verändern sich diese im Zeitverlauf und welche Auswirkungen haben die Ökonomisierung aller Lebensbereiche sowie sozio-ökonomische Unsicherheiten auf unsere sozialen Beziehungen und auf psychische Gesundheit?
In der Tradition der Kritischen Theorie explorieren wir den Zusammenhang von Persönlichkeitsentwicklung und kapitalistischer Vergesellschaftung. Und wir prüfen die Annahme Foucaults, wie weit internalisierte Gebote Verbote und direkten Zwang als Regierungstechnik abgelöst haben. Das unbewusste Wirken kapitalistischer Vergesellschaftung macht deutlich, dass unser psychisches Erleben schon immer von gesellschaftlichen Verhältnissen geprägt ist. Wir beschäftigen uns mit aktuellen Fragen u.a., der Rolle und Qualität sozialer Beziehungen, dem Strukturwandel der Psyche oder dem Verhältnis von Autorität und Narzissmus sowie deren Bedeutung für die aktuelle Zunahme autoritärer Entwicklungen in politischen Systemen in Europa.
Neben Fragen, was unter psychischer Gesundheit zu verstehen ist, der Identifizierung von Vulnerabilitäten und Resilienzfaktoren, strukturellen Ursachen für psychischen Stress sowie dem ungleichen Zugang zum Gesundheitswesen im Allgemeinen und Versorgungsstrukturen für psychische Gesundheit im Besonderen, erforschen wir gemeinsam, Daten und Fallbeispiele zu psychischer Gesundheit.