230091 SE Community Studies in der Soziologie (2015S)
Zur Logik von Diskursen rund um Migration und Abwanderung
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
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Es sind die öffentlich oder halböffentlich geführten Diskurse rund um Zu- und Abwanderung, um s. g. 'deviantes Wandern' von vermeintlich Verarmten sowie um Phänomene der Binnenmigration, welche hier interessieren. Die dazu gebildeten (Re)Konstruktionen aus den Perspektiven von Betroffenen selbst, von lokalen und regionalen VerantwortungsträgerInnen, (Bildung, Politik, wohlfahrtsstaatliche Verwaltung) sowie von ExpertInnen, eröffnen hier jene spezifischen Blickwinkel, die in im Rahmen des Seminars konversationsanalytisch untersucht werden.
Durchzogen sind diese in der Regel u. a. auch vom Reden über die globalen Bewegungen und die Ausläufer der Migrationszüge. Deutlich wird an dieser Stelle, dass keinesfalls von einer schwindenden Bedeutung von Örtlichkeit weder auf Ebene von Dörfern, Gemeinden und Städten innerhalb (sozial) definierter Grenzen noch auf Ebene von weiteren Gebietskörperschaften (ortsgebundene Organisationen, Sozialversicherungsträger, Interessensverbände u. a.) ausgegangen werden kann. Vielmehr tritt hier die enge Verschränkung von kommunal- sowie regional festgestellten Phänomenen und Prozessen mit makrosozialen Trends, was René König schon 1972 als wesentlichen Erkenntnisgewinn von Gemeindestudien herausgearbeitet hat, offen zu Tage bzw. kann empirisch erfasst werden.
Durchzogen sind diese in der Regel u. a. auch vom Reden über die globalen Bewegungen und die Ausläufer der Migrationszüge. Deutlich wird an dieser Stelle, dass keinesfalls von einer schwindenden Bedeutung von Örtlichkeit weder auf Ebene von Dörfern, Gemeinden und Städten innerhalb (sozial) definierter Grenzen noch auf Ebene von weiteren Gebietskörperschaften (ortsgebundene Organisationen, Sozialversicherungsträger, Interessensverbände u. a.) ausgegangen werden kann. Vielmehr tritt hier die enge Verschränkung von kommunal- sowie regional festgestellten Phänomenen und Prozessen mit makrosozialen Trends, was René König schon 1972 als wesentlichen Erkenntnisgewinn von Gemeindestudien herausgearbeitet hat, offen zu Tage bzw. kann empirisch erfasst werden.
An/Abmeldung
Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").
- Anmeldung von Mo 09.02.2015 08:00 bis Mo 23.02.2015 08:00
- Anmeldung von Do 26.02.2015 08:00 bis So 01.03.2015 08:00
- Abmeldung bis Fr 20.03.2015 23:59
Details
max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch
Lehrende
Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert
Vorbesprechung: Anwesenheitspflicht
- Donnerstag 05.03. 16:30 - 18:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock (Vorbesprechung)
- Samstag 21.03. 09:30 - 16:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
- Samstag 25.04. 09:30 - 16:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
- Samstag 06.06. 09:30 - 16:00 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
- Samstag 27.06. 13:00 - 16:30 Inst. f. Soziologie, Seminarraum 2, Rooseveltplatz 2, 1.Stock
Information
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Die Konstruktion einer s. g. Kultur der Armut (Melinz 1992:229) bzw. jene der vermeintlich 'sozial Schwachen im Nomadentum' (vgl. Brandstetter/Stemberger 2011) ist eine Größe, die sich in empirischen Arbeiten zur demographischen Entwicklung von peripheren Regionen bzw. von segregierten Stadtteilen offenbart. Dass und inwieweit das Aufgreifen derselben ein an sich junges bzw. wiederkehrendes Phänomen im Gefolge von der mit der späten Moderne im Zusammenhang stehenden Binnenmigration, der Wiederkehr sozialer Unsicherheit (Castel 2005), der Prekarisierung auf den Arbeitsmärkten (vgl. dazu Dörre 2009) sowie aufgrund des Abbaus sozialstaatlicher Sicherheiten geht, bilden den inhaltlichen Bogen dieser LV, wenn auch nicht deren Gegenstand. Vielmehr sind die öffentlich oder halböffentlich geführten Diskurse rund um Zu- und Abwanderung, um 'deviantes Wandern'; der Verarmten sowie um Phänomene der Binnenmigration, welche hier interessieren. Die dazu gebildeten (Re)Konstruktionen aus den Perspektiven von Betroffenen selbst, von lokalen und regionalen VerantwortungsträgerInnen, (Bildung, Politik, wohlfahrtsstaatliche Verwaltung) sowie von ExpertInnen, eröffnen hier jene spezifischen Blickwinkel, die in im Rahmen des Seminars konversationsanalytisch untersucht werden.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Seminararbeit
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Wie an dieser Stelle also das Phänomen des eingangs erwähnten 'Umzugs in die Billigwohnräume' (ebd.) thematisiert wird, bildet den Gegenstand des Seminars. Mithilfe eines konversationsanalytischen Zugangs (vgl. Sacks 1969; 1992; Lepper 2000; Silvermann 1998, 2006; Wolff 2011) werden hier jene Daten, welche in mundanen Konversationen, in lokalen Zeitungsartikeln, Sitzungsprotokollen oder in lebensweltrelevanten Online-Forenbeiträgen hervorgebracht worden waren, untersucht und neben Narrationen aus Gruppendiskussionen, und beobachtender Teilnahme an Sitzungen sowie öffentlichen Veranstaltungen zur Frage 'Welche Diskurse rund um Zu- oder Abwanderung werden geführt?' empirisch durchdrungen. Im Rahmen einer Multiple Case Study (Eisenhardt/Gräbner 2007), in welcher die o. g. Diskurslinien idealtypisch anhand von drei Community Studies in den hierzu auffindbaren 'naturally occuring data'; (Silverman 2006:202) untersucht wurden, bewegt sich das Seminar. Das Interesse gilt dabei der zentralen Frage, wie KonversationsteilnehmerInnen im gewöhnlichen Gespräch, in der alltäglichen Äußerung zu einem bestimmten Gegenstand thematisch bedeutsame Schlussfolgerungen zu Themen des so genannten 'Armutszuzugs' interaktiv herstellen. Die Analyse derselben erfolgte entlang der Methode der 'Membership Categorization Analysis" , wie sie von Harvey Sacks (1969, 1992) entwickelt und im angloamerikanischen sowie deutschsprachigen Raum vorwiegend von der verstehenden kulturwissenschaftlichen Soziologie sowie von mehreren über die Sozialwissenschaft hinausgehenden Fächern, insbesondere der Soziolinguistik und der Sozialpsychologie (vgl. Lepper 2000:42, Silvermann 1998, 2006), aufgegriffen und verwendet wird.
Prüfungsstoff
Inputs/Vorträge durch die Lehrende zu den Grundlagen sowie die Abhaltung von (kleinen) erhebenden Begehungen ist geplant. Vorgesehen sind hierfür jene Communities aus denen die anonymisierten und verfremdeten Daten (mit Disseminationserlaubnis) stammen: Loosdorf, Schrems (im Waldviertel), Böheimkirchen, Mistelbach. Die Datenanalyse erfolgt in Interpretationsworkshops, eine Verschränkung der Erkenntnisse ist in Gestalt von World Cafés geplant. Die Verschriftlichung der Analyseergebnisse erfolgt in einer Einzel-Seminararbeit.
Literatur
Bourdieu, Pierre (1993): Theorie der Praxis. Frankfurt am Main:Suhrkamp
Bourdieu, Pierre (1997): Verstehen. In Bourdieu, Pierre et al. (Hg.): Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft (117-127). Konstanz: UVK-Verlag. 779-823
Brandstetter, Manuela; Stemberger, Veronika. (2011): Von der Armut auf dem Land: Die Diskurs- und Hilfepraxen in Heidenreichstein zur Not zugezogener Familien. In: Verwiebe, Roland (Hg.): Armut in Österreich. Braumüller, 308 - 328
Brauer, Kai (2005): Bowling together. Clan, Clique, Community und die Strukturprinzipien des Sozialkapitals. Wiesbaden:VS Verlag.
Castel, Robert (2005): Die Stärkung des Sozialen. Leben im neuen Wohlfahrtsstaat. Hamburg: Hamburger Edition
Dangschat, Jens (2008): Exclusion – The New American Way of Life? In: Bude, Heinz.; Willisch, Andrea (Hg.): Exklusion. Die Debatte über die „Überflüssigen“. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 138 – 146
Dörre, Klaus (2009): Prekarität im Finanzmarkt-Kapitalismus. In: Castel, Robert; Dörre, Klaus (Hg.) Prekarität, Abstieg, Ausgrenzung. Die soziale Frage am Beginn des 21. Jahrhunderts. Frankfurt/New York: Campus, 34 – 64
Eisenhardt, Kathleen; Graebner, Melissa, E. (2007): Theory Building from Cases: Opportunities and Challenges. Stanford University. In: Academy of Management Journal. 2007/Vol. 50/N. 1/p. 25 – 32
Keupp, Heiner (1997): Diskursarena Identität: Lernprozesse in der Identitätsforschung. In: Keupp, Heiner; Höfer, Renate (1997): Identitätsarbeit heute. Frankfurt: Suhrkamp. 11 - 39
Lepper, Georgia (2000): Categroies in Text an Talk. A Practical Introduction to Categorization Analysis. SAGE Publications. London. Thousand Oaks. New Dehli.
Melinz, Gerhard (1982): Hilfe, Schutz und Kontrolle. Versuch zur historischen Genese der öffentlichen >Jugendfürsorge< in Österreich, unter besonderer Berücksichtigung von Wien (1880-1914). Dissertationschrift zur Erlangung des Doktorgrades an der geisteswissenschaftlichen Faktultät der Universität Wien
Neckel, Sighard; Soeffner Hans-Georg (2008): Vorwort: Mittendrin im Abseits. Ethnische Gruppenbeziehungen im lokalen Kontext. In: Neckel, Sighard; Soeffner Hans-Georg (Hg.): Mittendrin im Abseits. Wiesbaden:VS Verlag. 9 – 15.
Rehbein, Boike (2003): Sozialer Raum und Felder. Mit Bourdieu in Laos. In: Rehbein, Boike (Hg.): Pierre Bourdieus Theorie des Sozialen. Probleme und Perspektiven. Konstanz: UVK-Verlag, 77-97
Sacks, Harvey (1969). On formal structures of practical actions. In: Harold Garfinkel (Hrsg.) Ethnomethodological studies of work. 162–163.
Sacks, Harvey (1992): Lectures on conversation. Ed. By Gail Jefferson. Cambridge, Mass:Blackwell.
Seidenspinner, Wolfgang (1993): Jenische. Zur Archäologie einer verdrängten Kultur, in: Landesstelle für Volkskunde in Freiburg und Stuttgart (1993): Beiträge zur Volkskunde in Baden-Württemberg. Band 5. Theiss, 63-95
Silverman, David (1998): Harvey Sacks. Social Science and Conversation Analysis. New York:Oxford University Press.
Silverman, David (2006): Interpreting Qualitative Data. Third Edition. SAGE Publications. London. Thousand Oaks. New Dehli.
Wolff, Stephan (2011): ): Textanalyse. In: Ayaß, Ruth; Bergmann, Jörg (2011): Handbuch Qualitative Medienforschung.Mannheim. Verlag für Gesprächsforschung. 245-274
Bourdieu, Pierre (1997): Verstehen. In Bourdieu, Pierre et al. (Hg.): Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft (117-127). Konstanz: UVK-Verlag. 779-823
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Silverman, David (1998): Harvey Sacks. Social Science and Conversation Analysis. New York:Oxford University Press.
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Wolff, Stephan (2011): ): Textanalyse. In: Ayaß, Ruth; Bergmann, Jörg (2011): Handbuch Qualitative Medienforschung.Mannheim. Verlag für Gesprächsforschung. 245-274
Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis
Letzte Änderung: Mo 07.09.2020 15:39