140329 SE SE IE - Development in Novels : a Transdisciplinary Approach (2012S)

Literatur ist Teil des globalen Diskurses um Nord-Süd-Beziehungen. Dies gilt nicht nur traditionelle Textsorten wie Romane: Auch neuere künstlerische Ausdrucksformen wie Graphic Novels, also literarisch ambitionierte Comic-Erzählungen, erzählen in Bild und Text von Ländern des globalen Südens, vom Blick auf die Anderen.
Die seit Ende des Kalten Krieges verstärkte Wahrnehmung von Literatur aus dem globalen Süden, die sich nicht zuletzt durch die Auszeichnung einer ganzen Reihe von AutorInnen aus postkolonialen Staaten mit dem Literaturnobelpreis zeigte, brachte auch eine Differenzierung der Bilder vom Leben im Süden. Äußert sich darin eine Transformation globaler Kräfteverhältnisse? Kommt damit die These Edward Saids an ihr Ende, die besagt, dass orientalistische Literatur Teil des Herrschaftsprojektes des Zentrums war? Sprechen die Anderen nun für sich selbst?
Umgekehrt darf gefragt werden, ob sich AutorInnen aus Staaten der Peripherie westlichen Geschmacksvorstellungen anpassen mussten, ehe sie im globalen Literaturmarkt rezipiert wurden. Graphic Novels aus dem Globalen Süden sind bislang noch selten.
Dieses Seminar befasst sich mit Romanen und Graphic Novels von AutorInnen, die im Westen breiter wahrgenommen wurden - sei es durch die Verleihung des Literaturnobelpreis oder die Übersetzung in entsprechende Sprachen: Gabriel Garcia Márquez, Nagib Machfus, Toni Morrison, Salman Rushdie, Gao Xingjian, Chen Jianghong, Orhan Pamuk, Marjane Satrapi, Shaun Tan und Mario Vargas Llosa. Deren Texte, aber auch deren Bildsprache, sollen aus zwei Perspektiven im Hinblick auf Entwicklungsforschung befragt werden:
Was berichten sie vom widersprüchlichen Wesen Entwicklung?
Inwiefern beeinflussen und 'machen' sie Entwicklung durch ihre narrativen Strategien?
Hinter diesen Fragen stehen Diskurse um Kunst und Entwicklung, um die Frage also, inwiefern künstlerische Produkte soziale Prozesse lediglich widerspiegeln oder doch eine wirksame Intervention ins soziale Feld darstellen. Vermögen diese Texte und Bilder die Welt in dissidenter Weise zu erzählen, leisten sie eine eigenständige Darstellung von Existenz, wird hier Alterität artikuliert?
Gemeinsam ist den behandelten Romanen und Graphic Novels ihre Rezeption im Westen, mit dem Nobelpreis wird ein wichtiger Selektions-Mechanismus des globalen Literaturbetriebs mit bedacht und in Folge kritisch beleuchtet. Einige der untersuchten Graphic Novels weisen thematische und motivische Parallelen zu den Romanen auf - im Kontrast zwischen rein textlichen Erzählverfahren und den intermedialen Möglichkeiten der Graphic Novels soll erarbeitet werden, mit welchen narrativen Mitteln Entwicklung erzählt wird.
Das Seminar richtet sich an Studierende, die sowohl zum Lesen (zumindest) eines umfangreicheren Romans als auch der Auseinandersetzung mit Graphic Novels bereit sind; von weiteren Texten werden Auszüge zur Verfügung gestellt.