160006 VO A History of Musicology: Fields, Theories, Methods, Trends (2022S)

Jedes akademische Fach spiegelt den historisch-kulturellen Kontext wider, in dem es entsteht und sich als wissenschaftliche Praxis entwickelt. Dass im Fach Musikwissenschaft in den letzten Jahren ein Wandel der Forschungsinteressen, der Einteilung ihrer Forschungsbereiche sowie der bevorzugten Theorien und Ansätze feststellbar ist und dass von einer ‚alten‘ und ‚neuen‘ Musikwissenschaft, neuen ‚Trends‘ und ‚cultural turn‘ die Rede ist, könnte man als Modeerscheinung abtun. Bei näherer Betrachtung erweist sich aber die Geschichte des Fachs von Anfang an als ein facettenreicher Prozess der disziplinären (Um-)Ordnung, in dem sowohl außerakademische, politisch-kulturelle Umstände als auch innerakademische Strategien sowie nationale Traditionen eine wichtige Rolle spielten. Denn auch eine Teilung der Bereiche in Historische Musikwissenschaft, Systematische Musikwissenschaft und Ethnomusikologie, wie sie in unserem Institut praktiziert wird, ist an sich keine Selbstverständlichkeit – wie ein Blick in andere musikwissenschaftliche Traditionen verrät –, sondern reflektiert ästhetische, ideologische und fachpolitische Vorannahmen, die vor allem – aber nicht ausschließlich – für den deutschsprachigen Raum typisch sind.
Die Vorlesung bietet einen über die in der STEOP erlernten fachhistorischen Grundlagen hinausgehenden Überblick über die Geschichte der Musikwissenschaft seit deren akademischer Etablierung im 19. Jahrhundert bis heute und versucht jene Prozesse der Entwicklung des Fachs verständlich zu machen, die vor allem im 20. Jahrhundert zu unterschiedlicher Systematisierung, Profilierung und Institutionalisierung von dessen ‚Subdisziplinen‘ (wie z.B. Musikästhetik, Musiktheorie, Musiksoziologie) geführt haben. Darüber hinaus versteht sich die Vorlesung als Möglichkeit, traditionelle und neuere Themenkomplexe bzw. Ansätze unter die Lupe zu nehmen.
Obwohl die Vorlesung als Lehrveranstaltung mit Frontalvortrag konzipiert ist, wird der Diskussion mit den Teilnehmer*innen breiter Raum gegeben.
Die Vorlesung wird – wenn es möglich ist – in Präsenz gehalten, wird jedoch aufgezeichnet.