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180076 EV-L STEOP: Practical Philosophy (2012S)
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Zusatztermine: 6. März, 27. März und 8. Mai, HS 1 NIG, 20.15 - 21.30
Details
Language: German
Lecturers
Classes (iCal) - next class is marked with N
- Thursday 01.03. 16:50 - 18:15 Hörsaal I NIG Erdgeschoß
- Tuesday 06.03. 20:15 - 21:30 Hörsaal I NIG Erdgeschoß
- Friday 09.03. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Tuesday 27.03. 20:15 - 21:30 Hörsaal I NIG Erdgeschoß
- Friday 30.03. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 20.04. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Tuesday 24.04. 16:45 - 18:15 Hörsaal 50 Hauptgebäude, 2.Stock, Stiege 8
- Friday 04.05. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Tuesday 08.05. 20:15 - 21:30 Hörsaal I NIG Erdgeschoß
- Friday 11.05. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 18.05. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 25.05. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 08.06. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 15.06. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 22.06. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
- Friday 29.06. 16:45 - 18:45 Hörsaal 33 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Information
Aims, contents and method of the course
Assessment and permitted materials
Die Studienleistung wird über eine Schlussprüfung in der letzten Sitzung erhoben. Dabei werden einige Fragen zu zentralen Punkten der Grundlagentexte und einige Fragen zu zentralen Sachproblemen und Kontroversen aus den drei Teilbereichen der Vorlesung gestellt. Aus mehreren offenen Interpretationsfragen im dritten Teil der Prüfung ist eine zu beantworten.
Minimum requirements and assessment criteria
Die Studienziele der Veranstaltung sind folgende:
1. Kenntnis einiger grundlegender Texte der Praktischen Philosophie aus Geschichte und Gegenwart.
2. Einsicht in einige zentralen Sachprobleme und Kontroversen in Handlungstheorie, Ethik und Politischer Philosophie.
4. Fähigkeit zur eigenständigen argumentativen Stellungnahme in diesen Sachfragen.
1. Kenntnis einiger grundlegender Texte der Praktischen Philosophie aus Geschichte und Gegenwart.
2. Einsicht in einige zentralen Sachprobleme und Kontroversen in Handlungstheorie, Ethik und Politischer Philosophie.
4. Fähigkeit zur eigenständigen argumentativen Stellungnahme in diesen Sachfragen.
Examination topics
Reading list
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StEOP M1.2 (BA neu)
Last modified: Mo 07.09.2020 15:36
Von der Handlungstheorie ausgehend wenden wir uns in dieser Vorlesung einigen zentralen Fragen der Ethik und der Politik zu. Grundlage sind dabei wichtige Texte aus der Philosophiegeschichte sowie aus der gegenwärtigen philosophischen Forschung. Die Textgrundlage (sowie ausgewählte einführende Texte zum Thema der einzelnen Themenblöcke und Sitzungen) findet sich in diesem Reader. Die Texte sind größtenteils sehr schwierig. Um den ersten Einstieg in die Lektüre etwas zu erleichtern, sind den Texten eine Reihe von Fragen vorangestellt, die auf jene Punkte im Text zielen, die im Rahmen dieser Vorlesung besonderes Gewicht haben. Zusätzlich zu den Erläuterungen zur allgemeinen Sachproblematik, die in den Sitzungen der Vorlesung gegeben werden, wird die Veranstaltung von einem Tutoriat begleitet. Im Tutoriat wird vertiefte Textarbeit geleistet. Die Studierenden werden dazu aufgefordert, im Vorfeld des Tutoriums zu mindestens drei Sitzungen per Email Fragen zum Text bzw. zur Vorlesung an die Leitenden des Tutoriums zu richten.Überblick über den Inhalt der VorlesungI. Handeln
Es gibt in der gegenwärtigen Handlungstheorie so etwas wie ein Standardmodell, welches trotz aller Kritik in der Philosophie und in manchen benachbarten Disziplinen noch immer sehr weit verbreitet ist. Diesem Modell zufolge besteht Handeln darin, dass eine Akteurin die im Lichte ihrer Überzeugungen besten Mittel zur Verwirklichung ihrer Wünsche, Gefühle, Vorhaben, (vermeintlichen) Pflichten oder anderen Proeinstellungen wählt. Ihre Wünsche etc. sind zusammen mit ihren Überzeugungen der (primäre) Grund ihres Handelns. Dieser Grund muss zugleich die kausalen Ursachen ihres Handelns sein; wenn ein Verhalten den im Grund enthaltenen Wunsch (gegeben die Überzeugungen) zwar verwirklicht, aber etwas anderes als der entsprechende Grund die Ursache war, kann das entsprechende Verhalten nicht als Handeln aus diesem Grund verstanden werden.
Dieses Modell lernen wir in der Einführungssitzung und im ersten Themenblock anhand der Texte von Jon Elster und Donald Davidson kennen. Zugleich problematisieren wir es im ersten Themenblock in einigen Hinsichten, darunter v.a. den folgenden drei:a) Kausalität und Freiheit. Wie ist die These, dass die Gründe eines Akteurs die Ursache seines Handelns sein müssen, mit folgender Intuition zu vereinbaren: wenn wir handeln, dann tun nicht bloß irgendwelche Ursachen oder Gründe in uns oder durch uns ihr Werk; vielmehr sind wir es, die Akteure, die zur Tat schreiten. Wenn unser Handeln einen unserer Wünsche erfüllt, dann doch wohl deshalb, weil wir uns dazu entscheiden, aus diesem Grund zu handeln.
Harry Frankfurt präsentiert einen Versuch, der es erlaubt, Willensfreiheit mit der kausalen Bestimmtheit durch Gründe vereinbar zu machen. Willensfreiheit liegt für ihn dann vor, wenn wir uns mit den Wünschen, die in unserem Handeln wirksam werden, identifizieren können. Der Standpunkt des Akteurs im Handeln ist nicht auf der Ebene der Gründe angesiedelt, sondern auf der reflexiven Ebene der Bewertung dieser Gründe. Dies führt zu einer kompatibilistischen Position in der Frage der Willensfreiheit: die These lautet, dass unsere Willensfreiheit der Bestimmtheit unseres Handelns durch kausale Ursachen gar nicht widersprechen muss, wenn wir sie richtig verstehen.b) Rationalität und Irrationalität. Nach dem Standardmodell gibt es einen minimalen Sinn von Rationalität, der für unser Handeln konstitutiv ist. Handeln liegt nur dann vor, wenn das Verhalten einer Akteurin durch das erklärt wird, was sie wollte und was sie glaubte. Dem steht die Intuition gegenüber, dass Rationalität ein durch und durch evaluatives Konzept ist, mit dem wir rationales von irrationalem Handeln unterscheiden. Dieser Intuition zufolge muss radikal irrationales Handeln möglich sein. Anhand der Texte von Donald Davidson und Rosalind Hursthouse diskutieren wir zwei Kandidaten für irrationales Handeln. Der erste Fall ist willensschwaches Handeln, d.h. der Fall, in dem ein Akteur etwas absichtlich tut, was er eigentlich gar nicht will, weil er eine Alternative sieht, die er im Grunde für besser hält. Davidson schlägt einen Weg vor, diesen Fall in sein Standardmodell zu integrieren. Hursthouse diskutiert den Fall stark emotionsgeladenen Handelns. Wer aus Wut einer Person auf einem Photo die Augen auskratzt, mag zwar aus dem starken Wunsch handeln, dieser Person etwas anzutun; aber sie wird wohl kaum ernstlich glauben, durch ihr Handeln diesen Wunsch auch zu verwirklichen. Hursthouse meint, dass solches affektiv geprägtes Handeln nicht im Standardmodell unterzukriegen ist und dass dieses damit keine umfassende Handlungstheorie bietet.c) Wollen und Sollen. Der Standardsicht zufolge hier vertreten durch Bernard Williams hängt die Frage, ob jemand einen Grund hat, eine gegebene Handlung auszuführen oder zu unterlassen, in letzter Instanz stets davon ab, was sie oder er will. Dass ein Medikament einen Kranken zu heilen vermag, kann nur dann ein Grund für den Kranken sein, sie zu nehmen, wenn er gesund werden will und wenn er das nun einmal nicht will, gibt es kein Recht, ihn unvernünftig zu nennen. Die Sicht, dass praktische Vernunft bloß ein Mittel ist, welches uns dabei hilft, unsere Wünsche zu verwirklichen, und dass praktische Vernunft uns nicht selbst motivieren kann, finden wir bei David Hume. Aber sind wir bereit, die Konsequenzen daraus zu ziehen? Sollen wir sagen, dass wir keinen Grund haben, ein bestelltes und getrunkenes Bier in der Bar auch zu bezahlen, wenn wir keinen Wunsch haben, uns an die üblichen Normen zu halten, den Barkeeper nicht zu schädigen, Ärger mit der Polizei zu vermeiden o.dgl.? Ist nicht schon die Tatsache, dass wir das Bier bestellt und konsumiert haben, Grund genug, es auch zu bezahlen und zwar völlig unabhängig davon, was für Motivationen wir gerade haben? John McDowell spürt in seinem Text der Frage nach, wie viel Platz Williams Argumente für die Intuition lassen, dass nicht alles (rationale) Sollen aus dem Wollen kommt. Diese These ist natürlich gerade auch für das moralische Sollen von Bedeutung.II. EthikWir erwarten von Akteuren, die Personen sind, dass sie sich auf moralisch akzeptable Weise verhalten. An moralischen Dilemmata lässt sich aber leicht illustrieren, dass uns gar nicht wirklich klar zu sein scheint, was wir damit von einander genau einfordern. Wir werden durch solche Dilemmata dazu gezwungen, die Standards von Moral und Unmoral zu klären; das ist das Geschäft der philosophischen Ethik. Wir studieren an einigen Beispielen die drei wichtigsten ethischen Theorien. Diese geben unterschiedliche Antworten darauf, was es ist, was wir moralischerweise tun sollten.a) Nutzen optimieren oder integer bleiben? (Utilitarismus und Utilitarismuskritik). Utilitaristen gelten im landläufigen Sinn mitunter als gewissen- und prinzipienlose Eigennutzenmaximierer, deren niedere Zwecke ihnen jedes Mittel zu rechtfertigen scheint. John Stuart Mill entwirft ein davon doch beträchtlich verschiedenes Bild, das Bild eines ethischen Utilitarismus. Utilitaristen sind fair, indem sie ihren Eigennutzen nicht höher gewichten als fremden Nutzen. Und sie reduzieren auch nicht allen Nutzen auf die Erfüllung ihrer Gelüste. Im Kern des Utilitarismus steckt unter anderem ein starker Konsequentialismus: Was jemand tun soll, hängt davon ab, was absehbarerweise dabei herauskommt. Aber wie weit heiligen Konsequenzen Handlungen? Wären wir bereit, einen Menschen eigenhändig zu töten, wenn wir damit das Leben von neunzehn anderen retten könnten? Bernard Williams sondiert in einem Text die ethischen Motive, die uns dazu bewegen könnten, derlei Handlungen nicht auszuführen.b) Seine Pflicht tun oder sich erbarmen? (Deontologie vs. Mitleidsethik). Nicht (oder nicht bloß?) in den Konsequenzen, sondern in der internen Verfasstheit des Handelns liegt für Immanuel Kant das moralisch Entscheidende. Und das ausschlaggebende Moment liegt dabei wiederum nicht in den Neigungen, sondern in der Pflicht. Es geht um eine Verfasstheit des Willens, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die vollständige Beschreibung der Handlung die allgemeine Form eines praktischen Gesetzes hat. Ein solcher Wille ist das, was wir ethisch gut nennen. Nur auf diesen kommts an, sagt Kant, und soweit wir nur unser Möglichstes tun, diesem Willen auch Wirksamkeit zu verschaffen, ist die Frage der Effekte nicht weiter relevant. Ist Kant ein Gesinnungsethiker, dem die Reinheit der eigenen Gesinnung wichtiger ist als die Verantwortung für die Konsequenzen? Für Schopenhauer ist Moralität eine Gefühlssache: das Mitleid ist die wahre moralische Triebfeder, und um moralisch zu sein, müssen wir unseren natürlichen Egoismus überwinden. Das schaffen wir nur, indem wir uns das Wohl und Wehe anderer Personen auf dieselbe Art angehen lassen wie sonst das eigene. Wie ist das möglich?c) Gut leben! (Tugendethik). Um zu wollen, was eine Akteurin vernünftigerweise anstreben sollte, muss sie nicht unbedingt direkt durch die reine Vernunft selbst bewegt werden, wie das Anti-Humeaner bisweilen behaupten. Möglicherweise reicht auch eine gute Erziehung durch andere oder durch sich selbst. Dadurch erwirbt die Akteurin stabile Verhaltensdispositionen, die einen guten Charakter ausmachen. Nicht aus Pflicht statt aus Neigung zu handeln lautet die Aufgabe, sondern: die richtigen, die tugendhaften Neigungen zu erwerben. Aristoteles entwirft eine solche Tugendethik in der Nikomachischen Ethik. Sie eröffnet eine Perspektive auf Moral, die die üblichen Gegensätze von blindem Impuls und kühler Berechnung, Neigung und Pflicht, Wollen und Sollen, Motivation und Rechtfertigung unterläuft und ihren Bezugspunkt im Begriff einer gedeihlichen Lebensführung, eines guten Lebens findet. Auch die Tugendethik hat indes mit gewichtigen Einwänden zu kämpfen. Was gibt uns das Recht, pauschal darüber zu urteilen, welche Form der Lebensführung vernünftigerweise vorzuziehen sei? Ist es für menschliches Leben nicht gerade charakteristisch, dass es unter keine allgemeine, natürliche Wesensbestimmung fällt, sondern von jedem und jeder Einzelnen auf ihre oder seine eigene Art mit Wesensgehalt gefüllt werden muss?III PolitikViele der Dinge, die Menschen tun, können sie nur deshalb tun, weil sie in etablierten sozialen Ordnungen handeln. Die Politik schafft nicht nur Handlungsoptionen, sie verteilt über Güter auch Handlungschancen und setzt insbesondere im Recht dem Handeln Grenzen. Die grundsätzliche Anforderung an die politische Ordnung ist dabei die Gerechtigkeit. Aber was heißt das? Wer soll denn ein bestimmtes Gut kriegen: diejenige, die es am dringendsten braucht? Diejenige, die am meisten geleistet hat? Oder diejenige, die am meisten damit anfangen kann?
Diese Art, nach der Bedeutung von Gerechtigkeit zu fragen, geht von individuellen Ansprüchen an die Politik aus. Es gibt aber noch eine andere Perspektive. Auch Politik selbst eine Form des Handelns. Politik ist typischerweise etwas, was wir als die politische Einheit, die wir sind gemeinsam tun, wenn auch nicht eigenhändig, sondern vermittelt über die staatlichen Organe. Mit dieser zweiten Perspektive auf die Politik rückt auch eine Akteurschaft eigener Art in den Fokus: der Staat als Kollektivakteur. Aber gerät dabei nicht die Freiheit der Einzelnen aus dem Blick, die doch gemäß dem modernen Verständnis das Ziel und die Richtschnur der Politik sein sollte?a) Gerechtigkeit. Die Frage der Gerechtigkeit wird in Platos Staat exemplarisch aufgeworfen. Das erste Buch diskutiert eine Reihe von Definitionsvorschlägen, ohne dass die Frage nach der Gerechtigkeit dabei schon abschließend beantwortet wird. Ist der Gerechtigkeit Genüge getan, wenn man nur ehrlich ist und Eigentum respektiert? Bedeutet Gerechtigkeit, den Freunden zu nutzen und den Feinden zu schaden? Ist Gerechtigkeit schlicht und einfach das Recht des Stärkeren? Und wenn nicht: wäre es dann nicht besser, ungerecht zu sein? In Platons Überlegungen zeichnet sich ein Gerechtigkeitsverständnis ab, das individuelle Lebensführung und Politik umfasst. Gerechtigkeit ist dabei nicht einfach eine Frage der Verteilung von Gütern und Chancen. Sie erscheint als Frage der internen Konstitution von Akteuren: Individuen und Staaten.b) Staat. Wenn Individuen und Staaten auch gleichermaßen Akteure sein mögen, stellt sich doch die Frage nach ihrem Verhältnis. Wir diskutieren zwei Konzeptionen, die oft in einen Gegensatz zueinander gebracht werden. Aristoteles denkt individuelle Akteurschaft vom Politischen her: Der Staat ist jene Form von Gemeinschaft, aufgrund derer individuelle menschliche Akteurschaft erst möglich ist. Der Staat ist dabei ein gemeinsames Streben, das an der Vorstellung vom gemeinschaftlichen guten Leben in Gerechtigkeit orientiert ist. Für Thomas Hobbes hingegen gibt es kein solches genuin gemeinschaftliches Streben. Gerechtigkeit ist kein intrinsisches Gut. Alle würden eigentlich lieber ungerecht sein, wenn sie das könnten, aber das führt absehbarerweise zu einem Krieg aller gegen alle, und damit zu einem kurzen und elenden Leben. So einigt man sich darauf, eine Kollektivperson zu erschaffen: den Leviathan, dem man sich aus rationalem Eigeninteresse zu unterwerfen hat. Bei Aristoteles mag man an am organizistischen Vorrang des Staats vor dem Einzelnen Anstoß nehmen; bei Hobbes ist nicht ganz unumstritten, ob er das Problem kollidierender Einzelinteresse wirklich zu lösen vermag.c) Freiheit. Das politische Denken der Moderne kreist um die Idee der individuellen Freiheit. Wir sind diesbezüglich unweigerlich etwas näher an Hobbes als an Plato oder Aristoteles. Diese Freiheit hat aber soziale Voraussetzungen, darunter eine politische Ordnung, die uns einerseits so wenig äußere Zwänge wie möglich auferlegt und uns andererseits auch die Chance gibt, mit unserer Freiheit etwas anzufangen und selbstbestimmt zu leben. Negative und positive Freiheit sind aber nicht bloß Kehrseiten derselben Medaille. Es handelt sich, wie Isaiah Berlin darlegt, um konkurrierende Konzeptionen. Die eine Konzeption fokussiert auf die Abwesenheit von externen Hindernissen; die andere Konzeption fokussiert auf die interne Verfasstheit autonomer Akteure. Berlin warnt vor der Gefahr des Autoritarismus, der mit der positiven Konzeption verbunden ist. Rousseau, den wir als Gegenposition lesen, rückt die Möglichkeit ins Zentrum, eine Form von Willen zu bilden, der eine gemeinschaftliche Form hat und trotzdem individuelle Freiheit verkörpert.