Universität Wien
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190075 SE Research Practicum (2018S)

Von Mathematik zu Mathe. Kulturhistorische Analysen zu Entstehung und Transformation von Schulwissen

10.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 19 - Bildungswissenschaft
Continuous assessment of course work

Registration/Deregistration

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Details

max. 20 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

  • Saturday 10.03. 13:00 - 15:00 Seminarraum 5 Sensengasse 3a 1.OG
  • Saturday 14.04. 13:15 - 17:00 Seminarraum 6 Sensengasse 3a 2.OG
  • Friday 11.05. 13:15 - 17:00 Seminarraum 6 Sensengasse 3a 2.OG
  • Saturday 12.05. 13:15 - 17:00 Seminarraum 1 Sensengasse 3a 1.OG
  • Friday 15.06. 13:15 - 17:00 Seminarraum 6 Sensengasse 3a 2.OG
  • Saturday 16.06. 13:15 - 17:00 Seminarraum 5 Sensengasse 3a 1.OG
  • Friday 22.06. 13:15 - 17:00 Medien-und Methodenlabor Sensengasse 3a 2.OG
  • Saturday 23.06. 13:00 - 15:00 Medien-und Methodenlabor Sensengasse 3a 2.OG

Information

Aims, contents and method of the course

Schulischer Unterricht beabsichtigt in aller Regel mehr als die bloße Vermittlung von Wissen an sich.
Mathematik- respektive Arithmetikunterricht beispielsweise soll den Schülerinnen und Schülern neben den Kenntnissen über 'die Lehre von den Zahlen, Figuren, Mengen, ihren Abstraktionen, den zwischen
ihnen möglichen Relationen [und] Verknüpfungen' immer auch weiterführende Kenntnisse und zusätzliche Fähigkeiten vermitteln. Aufzeigen lässt sich dies etwa an verschiedenen pädagogischen Texten aus der Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert: Der französische Philosoph Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet wollte den Kindern vermittels des Mathematikunterrichts jene Form des logischen, rationalen Denkens beibringen, welches ein jeder Staatsbürger zur Ausübung seiner
bürgerlichen Pflichten benötigte. Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi wollte die Kinder durch den Rechenunterricht mit einer der Welt immanenten, göttlichen Ordnung der Dinge vertraut
machen. Wohingegen sein Mitarbeiter, der deutsche Lehrer Joseph Schmid, die Funktion des Rechenunterrichts viel eher in der Vorbereitung der Schüler auf ihren späteren Beruf als Kaufleute sah.
Und in der Stadt Weimar wiederum diente der Rechenunterricht nicht zuletzt der sozialen Distinktion verschiedener gesellschaftlicher Gruppen. Bedingt durch die Tatsache, dass Schulfächer neben der Vermittlung von Wissen an sich eine Menge weiterer Funktionen zu erfüllen haben, erlebt dieses Wissen in vielen Fällen eine bemerkenswerte Transformation: Aus einem scheinbar unzweideutigen Wissensbestand wird ein historisch-kulturell
kontingenter Unterrichtsgegenstand. Oder, um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: Aus Mathematik wird 'Mathe'. Dieser Transformation, die der US-amerikanische Erziehungswissenschaftler Thomas Popkewitz als 'alchemy' bezeichnet, in bildungs- und kulturhistorischer Perspektive
nachzugehen, ist das Ziel des Forschungspraktikums. Damit soll das Forschungspraktikum auch einen Beitrag leisten zur Weiterentwicklung der (historischen) Bildungsforschung, dies nicht zuletzt durch die Erschließung und Bearbeitung sowohl neuer als auch bekannter aber bisher noch nicht erschöpfend bearbeiteter Quellenbestände. Denn, obwohl bereits einige qualitativ hochstehende historische Forschungsarbeiten zu Lehrmitteln und dem in ihnen enthaltenen Schulstoff vorliegen, bleibt die
Erforschung der konkreten Prozesse, durch welche ein Wissensbestand zu einem Unterrichtsgegenstand
und damit Wissen zu Schulwissen wird, nach wie vor ein Forschungsdesiderat.

Lernziele:
1) Im Forschungspraktikum lernen die Studierenden einerseits erziehungswissenschaftliche Theorien zu Entstehung und Transformation von Schulwissen und andererseits den aktuellen
Stand der historischen Schulbuchforschung kennen.
2) Durch eigenständige historische Quellenarbeit mit Lehrbüchern für den Mathematik- respektive Arithmetikunterricht erstellen die Studierenden bildungs- respektive kulturhistorische Analysen
zur Transformation von scheinbar unzweideutigen Wissensbeständen (d.h. die Mathematik an sich) in lokales und zeitgebundenes Schulwissen (d.h. Mathe). In diesen Fallstudien untersuchen sie insbesondere Prozesse der Anpassungen des Schulwissens an kulturelle, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Kontexte.
3) Im Rahmen des anschließenden Bachelorseminars formulieren die Studierenden eigenständige Fragestellungen im Zusammenhang mit der historischen Entstehung von Schulwissen respektive
der Transformation von (wissenschaftlichem) Wissen zu Schulwissen und bearbeiten diese Fragen mittels eigener Quellenstudien und -analysen.

Assessment and permitted materials

Regelmäßige und aktive Teilnahme an den Sitzungen
Präsentation der eigenen Quellenarbeit (Referat)
Verfassen eines Papers zur Theoriereflexion

Minimum requirements and assessment criteria

Examination topics

Reading list

Boser, Lukas. 'Äpfel mit Birnen vergleichen. Lebensmittel in bernischen Rechenbüchern.' Berner Zeitschrift für Geschichte, 76/3 (2014): 6-20.

Klinger, Kerrin. Zwischen Gelehrtenwissen und handwerklicher Praxis. Zum mathematischen Unterricht in Weimar um 1800. Paderborn: Wilhelm Fink, 2015.

Popkewitz, Thomas S. 'The Alchemy of the Mathematics Curriculum: The Inscriptions and the Fabrication of the Child.' American Educational Research Journal, 44 (2004): 3-34

Schubring, Gert. 'On the Methodology of Analysing Historical Textbooks: Lacroix as Textbook Author.' For the Learning of Mathematics, 7 (1987): 41-51.

Schubring, Gert. 'Researching into the History of Teaching and Learning Mathematics: the State of the Art.' Paedagogica Historica, 42 (2006): 665-677.

Association in the course directory

BM 23

Last modified: Mo 07.09.2020 15:37