210153 PS BA 20 Practical Training (2010S)

In modernen Gesellschaften hat der Staat die Aufgabe übernommen, die Lebensbedingungen der Menschen mit den Mitteln des Rechts abzusichern und sie vor wesentlichen Lebensrisiken zu schützen. Nicht nur bei unvorhergesehenen Ereignissen wie Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit tritt der Sozialstaat ein, sondern er strukturiert nahezu alle Lebensphasen seiner Bürger mit den Mitteln des Rechts. In den vergangenen Jahrzehnten hatte ein stetig expandierender Sozialstaat dafür gesorgt, dass das Gefühl der sozialen Sicherheit für die große Mehrheit der Bevölkerung zu einer Selbstverständlichkeit geworden war, jedoch nimmt seit der Einführung der sozialpolitischen Reformen der letzten Jahre das Gefühl der sozialen Unsicherheit (R. Castel) und die Angst vor sozialer Exklusion (H. Bude) bei vielen Menschen zu.

Die neue soziale Unsicherheit hängt mit einem Paradigmenwechsel im Sozialstaat zusammen, der seit einigen Jahren in vielen europäischen (und anderen westlichen) Ländern zu beobachten ist. Dieser Paradigmenwechsel lässt sich an Schlagworten wie Slogan "From welfare to workfare", dem britischen Third Way und Social Investment State (A. Giddens) sowie dem seit der Umsetzung der so genannten Agenda 2010 in Deutschland beschworenen leistungsfähigen Sozialstaat ablesen. Bei diesen Schlagworten geht es nicht nur um eine Veränderung der sozialpolitischen Rhetorik, sondern um die Einführung eines neuen Verständnisses vom Sozialstaat und seinen Grundlagen.
Diese Entwicklungen sollen zum Anlass genommen werden, sich im Rahmen eines einwöchigen Seminars mit den Grundlagen des Sozialstaats aus rechtsphilosophischer, sozial- und politikwissenschaftlicher Sicht zu befassen.