210316 SE BAK14 Gender and Politics (2014S)

"Es geht um die Sprache. Es geht um den Diskurs. Es geht um die Kultur. In einer wichtigen Hinsicht ist das einzige, worum es anscheinend nicht mehr geht, die Materie." So lautet die Diagnose der theoretischen Physikerin Karen Barad in ihrem 2007 auf Englisch erschienenen und seit 2012 zum Teil auch auf Deutsch vorliegenden Buch "Meeting the Universe Halfway". Darin macht sie ausgehend von dieser Einschätzung einen Vorschlag für eine materiell informierte Reformulierung von Performativität, die in den letzten Jahren in (zumindest manchen Teilen) der Geschlechterforschung einen regelrechten Boom ausgelöst hat. Dieser Trend hat zwischenzeitlich auch die Politikwissenschaft bzw. politische Theorie erreicht. Das Ablaufdatum des Cultural Turn sei mittlerweile überschritten und eine neuerliche Auseinandersetzung mit Materialität sei angesagt, betonen etwa Diana Coole und Samantha Frost. Bezeichnend ist in diesen aktuellen Debatten nicht nur die kritische Auseinandersetzung mit dekonstruktivistischen und poststrukturalistischen Positionen sondern auch, dass dabei die lange Tradition eines materialistischen Feminismus vielfach dethematisiert bleibt.

Anhand der Lektüre von Basis- und weiterführenden Texten sollen in dieser Lehrveranstaltung verschiedene feministische Materialismen und ihre Entstehungskontexte seit den 1970er Jahren in den Blick genommen und in Bezug auf zentrale Themen und Fragestellungen diskutiert werden. Aus feministischer Perspektive soll es dabei gerade nicht um eine Zäsur nach der "kulturalistischen Wende" gehen. Vielmehr sollen sowohl thematische als auch erkenntnistheoretische Kontinuitäten und Brüche zwischen den verschiedenen feministischen Materialismen erarbeitet werden. In den Blick rücken damit kapitalismuskritische, politische, ethische und ökologische Fragestellungen, in denen auf unterschiedliche Weise Geschlecht, Klasse, Nationalität, "race" und "ability" thematisiert werden.