240082 SE Modernity(ies) in Southeast Asia (P3) (P4) (2014S)

In den letzten beiden Jahrzehnten wurde in sozial- und kulturanthropologischen Arbeiten zu Südostasien das Konzept der Moderne bzw. multiple und alternative modernities intensiv diskutiert. Dies weist auf ein Unbehagen bezüglich Erklärungsansätze hin, die exklusiv auf lokale/regionale 'Traditionen' rekurrieren oder europäische Merkmale der Moderne unreflektiert auf andere Weltregionen übertragen. Die südostasiatischen Konfigurationen der Moderne, so der zentrale Tenor dieser Literatur, können also weder als simple Ableitungen eines europäischen/westlichen Modells noch als Kontinuitäten einer lokalen/regionalen Vergangenheit begriffen werden sei es im Hinblick auf religiöse Entwicklungen, Nationalismen, die Ausbreitung kapitalistischer Produktionsweisen und Veränderungen in den Genderbeziehungen, um die wichtigsten Forschungsfelder zu nennen, in denen die Moderne als multiples Phänomen erörtert wurde.
Im Seminar soll zunächst die theoretische Literatur zu multiple bzw. alternative modernities diskutiert werden, wobei auf die Arbeiten von Shmuel Eisenstadt, Dilip Parameshwar Gaonkar und Dipesh Chakrabarty (als Vertreter von Nachbarfächern) sowie Bruce Knauft, Daniel Miller, Jean und John Comaroff (aus der Kultur- und Sozialanthropologie) besonders Bezug genommen wird. Darauf aufbauend ist das Seminar der anthropologischen Literatur zu den Modernen Südostasiens gewidmet, d.h. vor allem den Publikationen von Joel Kahn, Robert Hefner, Nancy Smith-Hefner, Suzanne Brenner, Aihwa Ong, Michael Pelletz, Patricia Spyer, Webb Keane, Daromir Rudnyckyj und Philip Taylor; Autoren wie Ong, Kahn, Hefner und Keane lieferten auch wichtige theoretische Beiträge, die über die Region hinausgehen.
Ein zentrales Ziel des Seminars ist, die Studierenden in das Thema derart einzuführen, dass sie in der Lage sind, die besprochene Literatur für ihr eigenes Interessensgebiet, aus dem die Seminararbeit hervorgehen soll, anzuwenden. Diese muss nicht auf Südostasien beschränkt sein, da das Thema geradezu prädestiniert dafür ist, es vergleichend zu erkunden, d.h. moderne Phänomene in Südostasien mit anderen Weltregionen durch eine kritische Auseinandersetzung mit der multiple modernities-These in Beziehung zu setzen.