Universität Wien
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160163 SE In the twilight zone (2024W)

Flexion, Syntax und Wortbildung in der Grauzone zwischen Verbum und Nomen

Continuous assessment of course work

Registration/Deregistration

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Details

max. 30 participants
Language: German

Lecturers

Classes (iCal) - next class is marked with N

  • Thursday 10.10. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 17.10. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 24.10. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 31.10. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 07.11. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 14.11. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 21.11. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 28.11. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 05.12. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 12.12. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 09.01. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 16.01. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG
  • Thursday 30.01. 11:15 - 12:45 Seminarraum 8 Sensengasse 3a 5.OG

Information

Aims, contents and method of the course

Man neigt in der Indogermanistik (wie allgemein in der Linguistik) dazu, Verbum und Nomen als streng voneinander getrennte Kategorien zu betrachten: In Sprachen mit reicher Morphologie haben Verben Person, Tempus und Modus (und – abhängig von der einzelsprachlichen Grammatik – Aspekt), wogegen Nomina Kasus und Genus haben; nur Numerus ist eine Eigenschaft, die beide Kategorien gleichermaßen haben können, wenn auch in deutlich unterschiedlicher morphologischer Ausprägung. Verben regieren direkte Objekte im Akkusativ (amat matrem suam ‘sie liebt ihre Mutter’), wogegen zugehörige abstrakte Nomina den Genitiv regieren (amor matris suae ‘die Liebe zu ihrer Mutter’).

Tatsächlich ist aber diese saubere Trennung zwischen Verbum und Nomen weitgehend illusorisch: Schon aktive Partizipien und Infinitive haben Anteil an den Eigenschaften beider Kategorien: Partizipien sind eindeutig Nomina, haben aber (relatives) Tempus und regieren direkte Objekte im Akkusativ (amans matrem suam ‘ihre Mutter liebend’); dasselbe gilt mehr oder weniger für Infinitive, die zwar synchron invariabel sind, genetisch aber erstarrte Kasusformen von Nomina sind (amare matrem suam ‘ihre Mutter zu lieben’). Dabei ist aber die hybride Morphosyntax von Partizipien und Infinitiven nur die einfachste Form von gegenseitiger Beeinflussung von Verb und Nomen. Es gibt Sprachen, bei denen Verbalformen Genus haben, obwohl nicht oder nicht sofort erkennbar ist, ob die entsprechenden Verbalformen nominaler Herkunft sind. Es gibt Sprachen, bei denen Verbalabstrakta, die keine Infinitive sind, verbale Rektion des direkten Objekts haben können (‘There is no stopping me!’). Umgekehrt gibt es Kategorien wie etwa den ‘persönlichen Infinitiv’ des Portugiesischen, die zum einen von Präpositionen regiert werden und einen definiten Artikel tragen, zum anderen aber typisch verbale Endungen tragen. In der Regel lässt sich die Entstehung solcher hybriden Strukturen auf der Basis der Grammatikalisierung der jeweiligen Kategorie erklären, aber solche Grammatikalisierung ist komplex und lässt sich manchmal nur teilweise rekonstruieren.
Die Seminarteilnehmer:innen sollen eine Vorstellung dafür bekommen, was es alles für syntaktische Möglichkeiten gibt.
Ferner soll etwa auch die Terminologie geklärt werden, und sie sollen das Konzept des Konverbs verstehen lernen. Das ist deswegen notwendig, weil dafür viele verschiedene (aber meist unverständliche) Termini im Umlauf sind, z.B. Gerundium, Absolutiv, Adverbialpartizip, Transgressiv, Supinum…
Auch soll das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass es Sprachen gibt, die keine Infinitive haben: Solche Sprachen verwenden z.B. finite Konstruktionen (wie etwa die Sprachen des Balkansprachbundes); es gibt aber auch Sprachen, die anstelle eines Infinitivs ein Verbalabstraktum verwenden, das zwar zum verbalen Paradigma gehört, aber durch nominale Rektion des direkten Objekts gekennzeihnet ist.

Kurz, dieses Seminar soll morphologische Bildungen und syntaktische Strukturen behandeln, die in der Grauzone zwischen Verbum und Nomen vorkommen, und sie soll das Bewusstsein dafür schärfen, dass derartiges weitaus häufiger vorkommt, als es Linguist:innen bewusst ist.

Assessment and permitted materials

Zur erfolgreichen Absolvierung des Seminars ist folgendes notwendig:
– Aktive Mitarbeit inklusive der Lektüre der auf Moodle zur Verfügung gestellten Aufsätze (20%).
– Ein Referat zu einem der oben angegebenen Themen (25%)
– Schriftliche Fassung des Referats – verpflichtende Abgabe einer präfinalen Version am 31. März 2025 (55%). ‘Präfinal’ bedeutet, dass diese Version bereits vollständig sein muss (keine Abschnitte, die nur in Stichworten gefasst sind), dass ich als Lehrveranstaltungsleiter aber noch Änderungen einfordern kann. Die Endversion (mit den von mir eingeforderten Korrekturen) muss allerspätestens am 30.4. 23:59 bei mir einlangen. Die Mindestlänge (!) des Referats (ohne Bibliographie) muss 40.000 (vierzigtausend) Zeichen inklusive Leerzeichen betragen.

Minimum requirements and assessment criteria

20% der Note besteht aus der aktiven Mitarbeit inklusive der Lektüre der auf Moodle zur Verfügung gestellten Aufsätze, 25% der Note besteht aus dem Referat, 55% aus der schriftlichen Seminararbeit.

Es herrscht Anwesenheitspflicht, d.h. jede/jeder darf nur zweimal fehlen, und das nur jeweils mit einer stichhaltigen Entschuldigung.

Examination topics

Es handelt sich um eine Prüfungsimmanente LV mit Pflicht zur Anwesenheit und Mitarbeit; es muss ein Referat gehalten werden und eine Seminararbeit im Umfang von mindestens 40.000 Zeichen ohne Leerzeichen (ohne Bibliographie) bis spätestens 31. März 2025 abgegeben werden und danach nachkorrigiert werden.

Mögliche Referatsthemen sind etwa folgende:
– Entstehung und Form von Infinitiven in den Sprachzweigen des Indogermanischen.
– Das System der Infinitive und Partizipien des Lateinischen.
– Die Konverben (‘Gerundien’) des klassischen und des späten Latein.
– Die Entstehung des ‘persönlichen Infinitivs’ im Portugiesischen.
– Das System der Infinitive und Partizipien des Altgriechischen.

Umgekehrt können auch andere Fragen gestellt werden wie etwa:
– Was machen Sprachen, die keinen Infinitiv haben: der Fall des Balkansprachbundes
– Wie verhält sich das Verbalnomen (Verbalabstraktum mit nominaler Rektion des direkten Objekts) im Irischen?
– Wie verhält sich das Verbalnomen (Verbalabstraktum mit nominaler Rektion des direkten Objekts) im Walisischen?
(NB: Referate zum Irischen und Walisischen schließen einander nicht aus, weil sich die beiden Sprachen in vielen Einzelheiten deutlich unterschiedlich verhalten).

Woíllkommen sind auch Referate zu nichtindogermanischen Sprachen, die typologische Besonderheiten haben, z.B. das Türkische, das fast keine Nebensätze hat und stattdessen mit Konverben arbeitet.

Reading list

García Ramón 1997: ‘Infinitive im Indogermanischen? Zur Typologie der Infinitivbildungen und zu ihrer Entwicklung in den älteren indogermanischen Sprachen’. Incontri Linguistici 20, 45–69.
Haspelmath, Martin, 1989: ‘From purposive to infinitive – a universal path of grammaticalization’. Folia Linguistics Historica 10, 287–310.
Haspelmath, Martin, 1995: ‘The converb as a cross-linguistically valid category’. In: Haspelmath & König (eds.), Converbs in cross-linguistic perspective. Berlin et al.: Mouton de Gruyter, 1–55.
Ylikoski, Jussi, 2003: ‘Defining non-finites: Action nominals, converbs and infinitives’. SKY Journals of Linguistics 16, 185–237.

Association in the course directory

MA4-M3-6

Last modified: Tu 27.08.2024 16:46